Energie sparen

Sensoren und smarte Ventile im Zweckbau

Seit 1. September 2022 gilt eine neue Energieverordnung der Regierung. Sie soll helfen, den Energieverbrauch in Deutschland deutlich zu reduzieren. Neben Wohngebäuden bieten Zweckbauten ein großes Potenzial für eine dauerhafte Einsparung von Energie und Betriebskosten. Sensoren, smarte Stellantriebe und Steuereinheiten können hier viel erreichen.

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So arbeiten Fensterkontakt, Wandthermostat und Heizkörperstellantrieb zusammen Bild: homematic
So arbeiten Fensterkontakt, Wandthermostat und Heizkörperstellantrieb zusammen Bild: homematic

Es braucht keine neuen Erkenntnisse oder Produkte, die es ermöglichen, die Gas- oder Ölmenge für die Heizung eines Gebäudes zu reduzieren. Die sparsame Technik gibt es. Bei den bisher niedrigen Energiepreisen gab es nur keine wirkliche Motivation, hier zu investieren. Ein geringerer Verbrauch von fossilen Energien und damit einhergehend eine Reduzierung des Treibhausgases CO2 sollte eigentlich Grund genug sein, jeden möglichen Kubikmeter Gasverbrauch zu vermeiden. Trotzdem hatten geringere Herstellkosten von Zweckbauten bislang eine höhere Priorität. Glücklicherweise lassen sich viele Sparmaßnahmen auch im Nachhinein durchführen.

Folgende Vorgaben gelten in öffentlichen Gebäuden:

  • Durchgangsbereiche wie Flure, Foyers aber auch Technikräume sollen gar nicht mehr geheizt werden – außer, es gibt dafür sicherheitstechnische Gründe.
  • Öffentliche Gebäude sollen nur noch bis höchstens 19 °C geheizt werden. Das gilt, wenn die Menschen in den Räumen vorwiegend sitzen.
  • In öffentlichen Gebäuden, in denen die Menschen vorwiegend stehen oder gehen, darf nur bis maximal 18 °C geheizt werden. Bei körperlich schweren Tätigkeiten soll nur bis 12 °C geheizt werden.
  • Hände sollen ohne warmes Wasser gewaschen werden, es sei denn, es ist aus hygienischen Gründen vorgeschrieben.

Natürlich gibt es Ausnahmen, etwa Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kindertagesstätten oder alle „weiteren Einrichtungen, bei denen höhere Lufttemperaturen in besonderer Weise zur Aufrechterhaltung der Gesundheit, der sich dort aufhaltenden Personen, geboten ist“.

QR Code zum Link zu den weiteren Energiesparmaßnahmen der Bundesregierung Bild: folgt

Umsetzung

Damit ergeben sich unterschiedliche Maximaltemperaturvorgaben für unterschiedliche Gebäudeteile. Zur Realisierung braucht es also zunächst einen Plan, aus dem hervorgeht, welche Zieltemperatur von wann bis wann in welchem Raum erreicht werden soll.

Zweitens braucht es Sensorik. Die einzelnen Räume müssen ständig gemessen werden. Für die Nachrüstung bieten sich eigentlich nur Funksensoren an, da eine Verdrahtung enorm zeitaufwändig und kostenintensiv wäre. Die Auswahl des richtigen Montageplatzes sollten Klimafachleute übernehmen.

Drittens braucht es einen smarten Stellantrieb für das Heizkörperventil. Mehrere deutsche Hersteller haben etwa Funk-Heizkörperthermostate mit automatischem und adaptivem hydraulischen Abgleich im Programm.

Und viertens braucht es die Steuereinheit, die Flächenheizungen oder Heizkörper entsprechend der Vorgaben und der Messwerte der Ist-Temperatur steuert.

Eine sinnvolle Erweiterung wären Fenstersensoren, die erkennen, ob Fenster verschlossen sind, oder nicht. Hiermit lassen sich die Heizkörperventile zufahren, solange die Fenster im gleichen Raum nicht geschlossen sind. Es wird so das unnötige „zum Fenster hinaus Heizen“ unterbunden.

Beobachtungen aus der Praxis zeigen, dass in Verwaltungsgebäuden häufig zu den Pausen und zum Feierabend die Bürofenster gekippt werden, damit frische Luft in den Raum kommt. Dann „kämpft“ das Heizungsthermostat mit aller Kraft gegen die niedrigen Außentemperaturen an – meist vergeblich, aber mit enormem und vollkommen unnötigem Energieeinsatz.

Praxisbeispiel Berufsschule Leer

In diversen Schulen, Behörden und Unternehmen wurden die geschilderten einfachen Maßnahmen inzwischen sehr erfolgreich durchgeführt. Beispielsweise bei den Berufsbildenden Schulen in Leer. Das Projekt dort war zusätzlich zur Energieproblematik vom Thema Corona geprägt. Heizen, Lüften, Energiesparen waren deshalb auch die Projektziele des Schulträgers, des Landkreises Leer.

Für eine automatische, hocheffiziente Temperatursteuerung sorgen hier wartungsarme Homematic IP C2 Heizkörperthermostate mit einer Batterielaufzeit von bis zu fünf Jahren.

Mit sieben Jahren Laufzeit ist das Funkthermostat kompakt-plus speziell für Zweckbauten und die Wohnungswirtschaft geeignet. Bild: Homematic

Fensterkontakte erkennen und melden nicht geschlossene Fenster, sobald ein Raum durch die geöffneten Fenster gelüftet wird. So wird unnötiges Heizen zum offenen Fenster hinaus vermieden.

Wandthermostate erfassen die exakte Raumtemperatur und übermitteln sie automatisch an die Heizkörperthermostate. So wird nur dann geheizt, wenn es tatsächlich notwendig ist, beispielsweise dann, wenn in den Klassenräumen Unterricht stattfindet. Die Steuerung der Zeit-Heizprofile erfolgt zentralisiert und automatisiert über die Smart Home Zentralen (CCU3) von Homematic IP.

Funk-Heizkörperthermostat eTRV-C-2

Der Thermostat speziell für die Wohnungs- und Gebäudewirtschaft bietet bis zu sieben Jahre Laufzeit mit einem Batteriesatz sowie Manipulationssicherheit und Demontageschutz. Der dynamisch-adaptive Abgleich ist gleichwertig zu einem konventionellen hydraulischen Abgleich, erfolgt jedoch ohne Konfiguration automatisch zu jedem Zeitpunkt. Die Wirksamkeit des dynamisch-adaptiven Abgleichs wurde durch das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik in Kassel bestätigt. Damit erübrigt sich der kostenintensive Ventiltausch.

Im Versuchszeitraum, von Oktober 2021 bis Januar 2022, wurden die Heizenergieverbräuche zweier baulich vergleichbarer Gebäudeteile der BBS II untersucht. Der südöstliche Schultrakt wurde konventionell beheizt, der nordwestlich gelegene Teil mit der beschriebenen smarten Einzelraumsteuerung von Homematic IP ausgestattet. Beide Gebäudeteile lassen sich gut miteinander vergleichen.

Die intelligente Einzelraumregelung mit Fenster-Zustandserkennung reduzierte den Energieverbrauch des smart beheizten Gebäudeteils gegenüber der konventionellen Heizung um beeindruckende 31 %. Durch das einfache Nachrüsten smarter Heizkörperthermostate und Fensterkontakte konnte der Energieverbrauch – und damit einhergehend auch der CO2-Ausstoß – also um fast ein Drittel reduziert werden; ganz ohne aufwändige und teure Sanierungsmaßnahmen oder gar Neubauten. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich für die Nutzerinnen und Nutzer keine Komforteinbuße ergeben, denn ein ungenutzter Raum, der nicht auf die Wohlfühltemperatur hochgeheizt ist, stört niemanden.

Die tatsächliche Ersparnis ist jedoch noch größer, denn der smarte Gebäudeteil verzeichnet durch seine Nordwestlage kaum passive Wärmegewinne durch Sonneneinstrahlung. Der Südosttrakt, der weiterhin konventionell beheizt wurde, profitierte jedoch insbesondere zur Unterrichtszeit, von morgens bis zum frühen Nachmittag, von der natürlichen Wärmeeinstrahlung der Sonne.
Rechnet man den Solarertrag mit ein, ergibt sich rechnerisch sogar ein Energieersparnispotenzial von rund 40 %.

Die Messwerte in Leer decken sich u.a. mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen des Borderstep Instituts Berlin, das Untersuchungen zum Energiesparen mittels digitaler Gebäudetechnologien durchführte. Das Projekt hat klar gezeigt, dass eine smarte Heizungssteuerung einen wesentlichen Beitrag dazu leisten kann, die Klimabilanz kurz- und mittelfristig deutlich zu verbessern und in erheblichen Einsparungen bei den Energiekosten resultiert.

Dieses Projekt fand während der Corona-Auflagen aber vor der Einsparverordnung statt. Die Solltemperaturen lagen nicht bei den jetzt vorgegebenen 19 °C, sondern bei 21°C. Zwar gilt die Grenze von 19 °C nicht für Schulen, die Erkenntnisse aus dem Schulprojekt sind allerdings auf viele Büro- und Verwaltungsgebäude übertragbar.

Fazit

Die Energieeinsparverordnung zwingt zur Absenkung der Raumtemperaturen. Um den Komfortverlust möglichst gering zu halten, ist der Einsatz von smarten Technologien unvermeidlich. Eine Zentraleinheit wertet die Temperaturdaten der einzelnen Räume aus, vergleich die Ist-Temperatur mit der Soll-Temperatur für den jeweiligen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung des Zustands der Fenster in den betreffenden Räumen und steuert dementsprechend das oder die Heizkörperventile in den Räumen. So ließen sich in Referenzprojekten bis zu 31 % der Heizenergie einsparen.

Günther Ohland

Günther Ohland
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Sensoren und smarte Ventile im Zweckbau
Seite 48 bis 50
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