Licht, Luft und smarte Steuerungen in bedarfsgerechten Büroflächen
Viele Unternehmen stellen sich in Bezug auf Büros Fragen wie: Brauchen wir tatsächlich noch so viel Fläche? Lässt sich der Energieverbrauch optimieren? Und was benötigen Mitarbeitende, um konzentriert zu arbeiten und sich rundum wohlzufühlen? Ein gemeinsamer Showcase im Zürcher Andreasturm von Zumtobel und Amstein + Walthert, einem der größten Ingenieurbüros der Schweiz für Consulting und Engineering, gibt darauf Antworten. Er führt dabei die Kompetenzen beider Partner entlang der Wertschöpfungskette einer Büroimmobilie zusammen: von der Vermessung bestehender Gebäudedaten über die Planung und Implementierung der Licht- und technischen Infrastruktur bis hin zur kontinuierlichen Analyse und Verbesserung von Prozessen.
„Gemeinsam wollen wir mehr über die Möglichkeiten lernen, die das Internet der Dinge (IoT) im Gebäudemanagement bietet“, sagt Ian Abegglen, Sales Consultant Enduser Digital/IoT- & Financeservices bei Zumtobel in der Schweiz. „Ziel ist es, die passende Infrastruktur kostensparend und schnell in ein bestehendes Lichtsystem einzufügen – zum Nutzen von Gebäudeeigentümern, Mietern und Betreibern.“
Das Unternehmen stellte hochwertige LED-Stehleuchten vom Typ Epuria zur Verfügung – alle ausgestattet mit einem integrierten Präsenz- und Helligkeitssensor, drahtlos ansteuerbar via Wireless IoT Mesh auf Basis von Bluetooth. Zudem wurden sechs Luftqualitätssensoren sowie ein Gateway installiert und in das Netzwerk integriert. Mit Hilfe des Gateways werden die Daten der Leuchten und Sensoren zu einem cloudbasierten Monitoring- und Analyse-Dashboard zusammengeführt, über das die gewonnenen Daten auf einen Blick ausgewertet und analysiert werden können. Das Dashboard gründet auf einer Cloud-basierten IoT-Plattform von Axonize. Drei Asset Tags erlauben es außerdem, physische Güter, wie Flipcharts oder Drucker, zu kennzeichnen und zu lokalisieren.
Innenraumqualität mit Sensorik verbessern
Nicht erst seit der Pandemie hat die Luftqualität im Büro eine besondere Relevanz bekommen. Auch aus Arbeitgebersicht ist es sinnvoll, buchstäblich für gute Atmosphäre zu sorgen: In angenehm belüfteten Räumen fühlen sich Mitarbeitende wohl und sind besonders leistungsfähig. Mithilfe von Luftqualitätssensoren werden bei Amstein + Walthert nun CO2-Gehalt, Luftfeuchtigkeit und -temperatur gemessen sowie VOC-Werte ermittelt. Bei letzteren handelt es sich um flüchtige organische Verbindungen (Volatile Organic Compounds) in der Luft, wie sie zum Beispiel von Reinigungsmitteln, Farben oder Klebstoffen ausgehen können. Das System alarmiert, wenn bestimmte Grenzwerte über- oder unterschritten werden und Handlungsbedarf besteht.
Das smarte Gebäudemonitoring bewährt sich insbesondere mit Blick auf die Mitarbeitergesundheit. Dies zeigt ein Anwendungsfall aus der Praxis: „Nach einer größeren Reinigung im Gebäude waren die VOC-Werte zu hoch – und wir konnten zusammen mit dem Reinigungsdienstleister auf Ursachensuche gehen“, sagt Ralph Schmid, Senior Projektleiter Consulting Immobilien/Facility Management bei Amstein + Walthert. Der Anstieg wurde im System dokumentiert, so konnte rasch gelüftet werden und die unerwünschten Dämpfe zogen ab. Fazit: „Mit dem smarten Gebäudemonitoring erkennen wir auch Umgebungsfaktoren, die man nicht sehen, riechen oder direkt wahrnehmen kann.“
Arbeitsplätze optimal auslasten
Aufgrund der in vielen Unternehmen weiterbestehenden Regelungen zum Homeoffice sind nicht mehr alle Mitarbeitenden standardmäßig zu allen Zeiten im Büro. Die Epuria Leuchten erfassen Präsenzen und Umgebungslicht automatisch und dienen damit als Sensor und Datenpunkt. Sie passen ihren Licht-Output entsprechend dynamisch an. Das spart nicht nur Energie, sondern liefert Amstein + Walthert auch Rückschlüsse, welche Flächen wie häufig frequentiert werden. Auf dieser Datenbasis lässt sich zukünftiger Platzbedarf verlässlich einschätzen und die Rentabilität von Flächen steigern.
„Die Nachfrage kommt vor allem von Unternehmen, die für ihre Mitarbeitenden viel Platz benötigen“, sagt Ian Abegglen. „Heute gilt die Faustregel, dass pro Mitarbeiter oder Mitarbeiterin üblicherweise 0,8 Schreibtische veranschlagt werden. Durch die verstärkte Digitalisierung und bewährte Homeoffice-Konzepte hat sich das stark verändert. Jetzt müssen die Unternehmen herausfinden, wie viel Fläche sie mit den neuen Arbeitsmodellen tatsächlich verbrauchen. Unsere Messungen helfen ihnen, zu entscheiden, ob und wie sie ihre Büroflächen in Zukunft nutzen.“
Daten als Ausgangspunkt für weitere Anwendungen
Auf Basis der smarten Gebäudeinfrastruktur lässt sich zum Beispiel ein kontinuierliches Energiemonitoring erstellen oder ein Reservierungssystem für Arbeitsplätze sowie Meetingräume aufbauen. Die Informationen zu Präsenzen lassen sich auch für die Etablierung eines smarten Reinigungssystems verwenden. Damit würden dann nur solche Arbeitsplätze oder Bereiche geputzt, die tatsächlich auch belegt waren. Mithilfe der Asset-Tracking-Funktion wäre jederzeit nachvollziehbar, wo sich etwa gefragte Büroaccessoires wie Flipcharts oder Beamer befinden. Darüber hinaus kann ein Indoor-Navigationssystem erstellt werden, mit dem man sich schnell und einfach in fremden Umgebungen zurechtfinden kann.
Wichtig für Amstein + Walthert war Ralph Schmid zufolge die Frage, ob die Informationen aus der Gebäudeinfrastruktur problemlos auch für nachgelagerte Plattformen übernommen werden können, beispielsweise für Buchungssysteme. „Unsere Kunden möchten im Besitz ihrer Daten bleiben – und sie plattformunabhängig einsetzen können. Das hat mit der Infrastruktur von Zumtobel gut geklappt.“
Vom digitalen Zwilling zum echten Nutzen
Um den Showcase so nahtlos wie möglich in den laufenden Bürobetrieb im Andreasturm einzubinden, informierte Amstein + Walthert seine Mitarbeitenden umfassend und frühzeitig. „Gut zu kommunizieren war uns ganz wichtig, um die Kollegen mitzunehmen“, sagt Senior-Projektleiter Ralph Schmid. Nach der Installation sei der Betrieb dann fließend weitergegangen: „Es hat sich so angefühlt, als sei es immer schon so gewesen.“
Grundlage der Installation war ein 3D-Scan der Räumlichkeiten: Das Scanner erfasste das gesamte Stockwerk und produzierte ein dreidimensionales digitales Gebäudemodell (BIM-Modell) – die Planungsgrundlage für die Platzierung von Sensoren und Leuchten. Bevor die neue Gebäudeinfrastruktur im August 2021 für den Gebrauch freigegeben wurde, prüften die Lichtplaner der Reflexion AG die Planung im Modell, etwa auf die Erfüllung von Helligkeitsanforderungen und Normen.
Potenziale heben mit smarter Gebäudeinfrastruktur
Die Anwendung zeigt nur einen kleinen Aspekt des Gesamtnutzens einer smarten Gebäudeinfrastruktur. „Unser Konzept macht sich auf allen Ebenen bezahlt“, sagt Ian Abegglen. „Mitarbeitende profitieren von einer optimalen Arbeitsumgebung und komfortablen digitalen Anwendungen wie einer Arbeitsplatzreservierung via App. Eigentümer und Betreiber einer Immobilie können sich noch energieeffizienter und kostensparender aufstellen. Das gewinnt auch mit Blick auf den EU Green Deal – das EU-weite Streben nach Klimaneutralität bis 2050 – zunehmend an Relevanz.“ Hinzu kommen Vorteile für Immobiliendienstleister: Remote Monitoring ermöglicht es, technische Wartungsarbeiten oder Gebäudereinigung bedarfsgerecht zu planen und abzurechnen.
„Die Zusammenarbeit zeigt: State-of-the-Art Lichtlösungen sind heute digital und IoT-ready“, bilanziert Ian Abegglen von Zumtobel: „Sie machen Beleuchtung und Umgebung einer Immobilie mess- und qualifizierbar und bieten somit enormes Potenzial für Verbesserungen.“ Nach Abschluss der Testphase stellen Amstein+Walthert und Zumtobel ihre gebündelten Kompetenzen nun auch interessierten Unternehmen zur Verfügung. Denn entlang des Gebäudelebenszyklus lassen sich mit digitalen Anwendungen noch einige Potenziale heben.
Ralf Müller
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