Digital, umwelt- und klimagerecht bauen und sanieren
Der Klimawandel zeigt sich zunehmend in Rekordtemperaturen und Extremwetterlagen. Er berührt alle Wirtschaftsbereiche, allen voran und gleich in zweifacher Hinsicht die Bauwirtschaft. Sie muss Lösungen finden, um Städte und Gebäude resilienter zu machen und ist gefordert bei der Energiewende, die bis 2045 Klimaneutralität herstellen soll. In wenigen Jahren schon müssen etwa nach EU-Recht Bestandswohngebäude mit den schlechtesten Energieeffizienzklassen in die nächst höhere Klasse aufrücken. Dies betrifft laut EU-Kommission ca. 15 % der Wohngebäude in Europa.
In Deutschland müssen bis 2045 rund 9 Mio. Wohngebäude mit etwa 20 Mio. Wohneinheiten saniert werden, sollen die Klimaziele erreicht werden. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) schätzt, dass 65 % der Fassaden in Deutschland ungedämmt sind und 70 % der Anlagentechnik nicht dem Stand der Technik entsprechen. Die Sanierungsquote müsste sich vervielfachen, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Zugleich sollen die sanierten Wohnungen bezahlbar bleiben, denn Wohnraum ist knapp und teuer.
Handlungsfelder für die energetische Sanierung
Abriss und Neubau sind für viele Investoren nach wie vor attraktiv, aber aus Sicht der Nachhaltigkeit nicht zielführend. Soll der Bestand erhalten und schneller saniert werden, müssen Bauordnungen, die eher am Neubau orientiert sind, geändert, neue oder alte alternative Baustoffe zugelassen und Fördermechanismen revolutioniert werden.
Die Bundesarchitektenkammer (BAK), die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen e.V. (DGNB) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kommen in einem gemeinsamen Positionspapier zu dem Schluss, dass eine klimaneutrale Sanierung des Gebäudebestands Investitionen von 150 bis 250 Mrd. Euro pro Jahr erfordert. Zum Vergleich: Im Zeitraum von 2010 bis 2018 wurden in Deutschland 341 Mrd. Euro in die energetische Sanierung des Wohnungsbaus investiert.
Klimaresilient bauen
Gebäudehüllen müssen künftig Extremwetterlagen wie Starkregenereignissen besser standhalten oder zumindest die Schäden minimieren. Der Gebäudehülle und der Entwässerungstechnik und Regenrückhaltung am Gebäude und in der Stadt kommen dabei entscheidende Bedeutung zu.
Begrünte Dächer und Fassaden wie auch entsiegelte und begrünte Flächen speichern als Werkzeuge der „Schwammstadt“ das Regenwasser und wirken zugleich der Bildung von Hitzeinseln im urbanen Raum durch verzögerte Verdunstung entgegen. Regenwasser, das sonst in die Kanalisation abfließt oder zu Überschwemmungen führen würde, verbleibt in der Oberfläche und verbessert das urbane Mikroklima.

Intelligentes und energieeffizientes Bauen kann maßgeblich zur Eindämmung und Milderung der Folgen des Klimawandels beitragen. Zu den Schlüsselelementen für das Bauen der Zukunft zählen zudem wiederverwertbare Rohstoffe. Zahlreiche Vorträge zum Leitthema „Herausforderung Klimawandel“ greifen Probleme und Hindernisse auf und bieten Inspiration für den Wandel. Zudem werden Fragen zur Zukunft des Bauens aufgegriffen. Experten und Expertinnen aus aller Welt berichten über ihre Arbeit und ihre Projekte und stehen dem Publikum Rede und Antwort.
Praxisorientierte, innovative Lösungen für die energetisch effiziente und klimaresiliente Sanierung von Gebäuden bietet die BAU 2023 quer durch alle Ausstellungsbereiche. Produkte von Marktführern und viele kleinen und mittleren Unternehmen können direkt verglichen werden.
Der Ausstellungsbereich Energie-, Gebäude- und Solartechnik ist in Halle B2 eingerichtet. Hersteller aus dem Sektor Gebäudeautomation und -steuerung finden Sie in Halle C2.
Um digitale Lösungen, Software und Messtechnik dreht es sich in Halle C5. Die Halle B0 am Eingang West gehört dem Bauen im Bestand, der Forschung und den Hochschulen sowie den Präsentationen von Institutionen und Verbänden.
Sonderausstellungen
Die DGNB e. V. präsentiert sich in München mit einer eigenen Sonderschau „Bauen 2030 – nachhaltig, klimapositiv und zirkulär“ mit umfangreichem Konferenzprogramm. Besucher und Besucherinnen können sich über die Herausforderungen einer ganzheitlich nachhaltigen Bauweise informieren und beraten lassen. Außerdem gibt es kostenlose Messerundgänge, bei denen DGNB-Mitglieder ihre Lösungen präsentieren. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie wir heute bauen müssen, damit Bauen auch 2030 noch zukunftsfähig ist: weg von Lippenbekenntnissen, hin zur realen Umsetzung (Halle C2, Stand 518).

Eine weitere Sonderschau wird von der Fraunhofer-Allianz Bau mit ihren Mitgliedsinstituten in den vier Forschungsbereichen Ressourcen und Recycling, Energie und Wärme, Digitalisierung sowie Zukunft des Wohnens und Arbeitens ausgerichtet (Halle C2, Stand 528).
Die Sonderschau „Digital, Nachhaltig, Authentisch – Die DNA des Bauens“ der Deutschen Gesellschaft für Gerontotechnik betrachtet Aspekte des Smart Living sowie die generationengerechte und energieeffiziente Planung und Gestaltung von Lebensräumen, die sich an den Anforderungen und Bedürfnissen ihrer Nutzer orientieren (Halle C2, Stand 101).
Weitere Informationen und Anmeldung für die DNGB-Messerundgänge finden Sie hier.
Modular und seriell bauen
Der aktuelle Marktanteil von modularen Gebäuden beträgt bisher erst rund 4 %. Das soll sich zukünftig ändern, denn Bauen muss schneller gehen und nachhaltiger werden.
Ideen, Technologien, Materialien der Zukunft und praxisnahe Innovationen – für Planende und das Handwerk präsentiert die BAU die neuesten Möglichkeiten für Modernisierung und Sanierung der Immobilien- und Wohnungswirtschaft. Sie ist gleichzeitig ein zentraler Treffpunkt von Herstellern und dem Baustoffhandel und bietet Möglichkeiten des Austauschs über Lösungen für eigene modulare Planungs- und Bauprozesse.
Im Atrium des Messegeländes präsentieren Hersteller innovative, vorgefertigte Module, die alle Besucherinnen und Besucher im Rahmen eines geführten Rundgangs erkunden können. Im Bereich modulares Bauen erwarten Sie Best-Practice-Beispiele und Insights zu digitalen Werkzeugen einer Vielzahl an Ausstellern.
BIM und Software
Auch im Bauwesen schreitet die digitale Transformation unaufhaltsam voran – in allen Phasen des Planungs- und Bauprozesses und bei allen Beteiligten. Die BAU 2023 widmet dem Thema einen eigenen Ausstellungsbereich. In Halle C5 präsentieren Unternehmen die neuesten Hard- und Softwarelösungen für die Planung und Ausführung. Im Forum C2 berichten Expertinnen und Experten aus Planungs- und Ingenieurbüros am Freitag, dem 21. April, über die digitale Transformation und stellen anhand von Projektbeispielen aktuelle Lösungen vor.
Obgleich die große Mehrheit der Branche den Mehrwert erkennt, sieht sich weniger als die Hälfte der deutschen Planungs- und Bauunternehmen bei der Digitalisierung gut aufgestellt, wie aus einer Studie der Beratungsgesellschaft PwC vom Dezember 2020 hervorgeht. Bei BIM haben gar über zwei Drittel der Befragten noch Nachholbedarf. Das Bewusstsein für das Potenzial digitaler Instrumente ist also vorhanden, die Umsetzung scheitert aber oft an mangelnden Kenntnissen. Ein Grund dafür ist, dass digitale Lösungen von Bauherrn viel zu selten eingefordert werden. 80 % der Studienteilnehmer berichten, dass das nur teilweise oder gar nicht der Fall ist.
Abhilfe schaffen soll u. a. das neue BIM-Portal des Bundes, das am 11. Oktober 2022 an den Start ging. Es stellt Informationen, Anwendungen und einheitliche Daten bereit, mit der die Digitalisierung von Bauvorhaben vorangebracht werden soll. Dazu zählen u. a. interaktive und webbasierte Werkzeuge, Datenbibliotheken sowie herstellerneutrale Bauteile-Informationen. Die Plattform soll ständig weiterentwickelt werden. Sie ist das Ergebnis eines Stufenplans, der bereits 2015 in Kraft trat und die schrittweise Einführung von BIM auf den Weg bringen sollte. Bis heute ist der Einsatz von BIM allerdings nur für die Ausschreibung öffentlicher Infrastrukturprojekte verpflichtend, nicht für den Hochbau allgemein.
Industrielle Fertigung und serielles Bauen
Ohne Digitalisierung keine industrielle Fertigung: Die Verfügbarkeit von Daten in BIM-Modellen, sowohl über Bauteile wie über das Gebäude selbst, ist die Voraussetzung für die standardisierte und automatisierte Fertigung in der Werkshalle, ohne die wiederum das serielle und modulare Bauen, oft als Allheilmittel gegen Wohnungsnot und Fachkräftemangel dargestellt, nicht vorankommt. Aus den digitalen Daten werden standardisierte, aber frei kombinierbare Bausätze, die in der Fabrik vollautomatisch zusammengebaut werden, seien es Fenster, Wände oder ganze Fassaden. Auf der Baustelle werden ganze Wohnungen oder Teile davon dann nur noch zusammengesetzt, auf Basis standardisierter Grundrisse. Die Vorteile dieser Art des Bauens liegen auf der Hand: geringere Bauzeit, Kosteneinsparungen, weniger Schutt auf der Baustelle, weniger Lärm vor Ort und weniger Baumängel aufgrund besserer Qualitätssicherung.
Anhang | Größe |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 414.5 KB |
· Artikel im Heft ·