Modernes Wohnen mit Nahwärmeanschluss

Mitte 2017 fiel der erste Spatenstich für das Neubaugebiet „Friedenstaler Gärten“ in Bernau bei Berlin. Die Wärmeversorgung der über 150 Wohnhäuser soll über ein Nahwärmenetz erfolgen, das sich kilometerweit unter der Siedlung erstreckt. Für hohe Flexibilität bei der Planung und Verlegung sowie hohe Wirtschaftlichkeit sorgt dabei ein vielfältiges System aus vorgedämmten Kunststoffrohren.

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Die modernen Wohngebäude der Siedlung werden über ein weitläufiges Leitungsnetz mit Nahwärme versorgt. Bild: Uponor
Die modernen Wohngebäude der Siedlung werden über ein weitläufiges Leitungsnetz mit Nahwärme versorgt. Bild: Uponor

Im brandenburgischen Bernau bei Berlin entsteht derzeit moderner Wohnraum für Familien mit direkter Großstadtanbindung. Nur 6 km von der nordöstlichen Stadtgrenze der Bundeshauptstadt entfernt lässt Bonava Deutschland das Wohnquartier „Friedenstaler Gärten“ errichten. Von hier aus sind es wenige Fahrradminuten bis zum nahegelegenen Naturpark mit Wildtiergehege, aber auch lediglich 30 Minuten mit dem Zug oder der S-Bahn ins Berliner Stadtzentrum.

Die 164 modernen Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser der Siedlung mit Gesamtflächen von 80 bis 147 m2 verfügen über drei bzw. vier Zimmer. Des Weiteren gehört zu jedem der Gebäude ein Garten mit Terrasse. Um einen hohen Wohnkomfort zu gewährleisten, sind die Eigentumshäuser mit Fußbodenheizungen und zusätzlichen Badheizkörpern ausgestattet.

Weit verzweigtes Nahwärmenetz

Eine besondere Herausforderung stellt die Wärmeversorgung des großflächigen Wohnquartiers für die Raumtemperierung und die Warmwasserbereitung dar. Die Basis hierfür bildet ein im Norden der Siedlung gelegener Fernwärmeanschluss der Stadtwerke Bernau mit einer Gesamtleistung von 1,3 MW. Der Energietransport zu den Wohnhäusern erfolgt über ein etwa 4 km langes Nahwärmenetz, das als Zwei-Leiter-System mit Heizwasser als Trägermedium ausgeführt ist.

„Die Übergabestation für die Fernwärme sollte zunächst in der Mitte des Wohngebiets platziert werden, um das Netz von dort aus sternförmig in alle Richtungen laufen zu lassen. Dies ermöglicht kurze Rohrleitungswege und geringe Rohrdurchmesser“, erklärt Gerd Lange, Geschäftsführer des Berliner Ingenieurbüros Lange Haustechnik. „Ein solches Strahlennetz war hier jedoch nicht realisierbar, etwa weil der Fernwärmeanschluss nicht so weit in die Siedlung verlegt werden konnte. Stattdessen wird ein Netz mit drei Hauptleitungen erstellt, von denen sich die längste von Norden nach Süden durch das gesamte Quartier erstreckt. Von dieser Trasse zweigen sechs Teilstränge mit Längen von bis zu 190 m in die einzelnen Straßen ab. Die Hausanschlüsse liegen direkt an der jeweiligen Verteilleitung und versorgen jedes Wohnhaus separat“.

Den hierfür erforderlichen Pumpendruck liefert eine energieeffiziente Doppel-Umwälzpumpe mit einer Förderleistung von 37,5 m3/h und einer Förderhöhe von 15 m. Das Nahwärmenetz sollte ursprünglich mit Stahlmantelrohren umgesetzt werden. Auf Anregung des Fachplaners entschieden sich die Projektverantwortlichen jedoch für deutlich leichter zu verlegende, hochgedämmte Kunststoffrohre, deren Einsatz durch die vergleichsweise niedrigen Systemtemperaturen von 75 °C im Vor- und 45 °C im Rücklauf ebenfalls möglich war. Die Rohre sorgten für weniger Aufwand bei der Planung der Trassen, etwa weil auf Hindernisse wie Bäume flexibel vor Ort reagiert werden kann.

Optimal abgestimmtes Rohrleitungssystem

So wird aktuell das gesamte Nahwärmenetz der „Friedenstaler Gärten“ mit den Rohren der Serie Ecoflex von Uponor umgesetzt. „Das Ziel war hier, so weit wie möglich Doppelrohre zu verwenden“, ergänzt Lange. „Durch die Kombination von Vor- und Rücklauf in einem Mantelrohr lassen sich Wärmeverluste reduzieren und die Gräben können schmaler ausgeführt werden. Außerdem sind durch die Parallelführung von Vor- und Rücklauf sämtliche Leitungen auf einer Höhe und damit gleichmäßig mit Erdreich überdeckt. Ebenso lassen sich Abzweige weitaus einfacher und schneller erstellen als mit Einzelrohren“.

Gleichzeitig zeichnet sich das in dem Wohnquartier eingesetzte Doppelrohrsystem Ecoflex Thermo PRO Twin durch eine besonders hohe Wärmedämmleistung aus. Dazu kombiniert das Nahwärmerohr eine PUR-Dämmschicht mit geringer Wärmeleitfähigkeit mit einer dünnen äußeren PEX-Dämmung. Auf diese Weise wird der wirtschaftliche Betrieb des Nahwärmenetzes sichergestellt. Allerdings beträgt die maximale Dimension der Twin-Rohre 63 mm pro Medienrohr. Daher konnten sie nur teilweise für die lange, besonders leistungsstarke Hauptleitung verwendet werden. So kommen am Strangbeginn auf einer Länge von 680 m Einzelrohre mit Dimensionen von bis zu 125 mm zum Einsatz.

Je nach Anforderung an die Leitungsführung nutzte der Fachplaner dabei entweder das PEX-gedämmte Nahwärmerohr Ecoflex Thermo Single oder das Rohrsystem Ecoflex Thermo Single PRO mit PUR-Dämmschicht. Letzteres wird in dem Bernauer Wohnquartier aufgrund seiner höheren Steifigkeit vor allem für gerade Verbindungen verwendet. Überall dort, wo um Ecken und Hindernisse herum verlegt werden muss, plante Lange mit der PEX-gedämmten Ausführung, die zwar höhere Wärmeverluste aufweist, dafür aber variabler montiert werden kann.

Hausanschlüsse Kosten sparend umgesetzt

Als besonders vorteilhaft erwies sich die hohe Flexibilität der Lösungen zudem bei der Gestaltung der Hausanschlüsse. „Um das ursprünglich favorisierte Stahlmantelrohr durch die Bodenplatte einzuführen, hätten wir so tief ausschachten müssen, dass an jedem Gebäude ein Tiefpunkt des Nahwärmenetzes entstanden wäre. Dementsprechend hätten hier jeweils Entleerungsschächte mit Entleerungskugelhähnen gesetzt werden müssen. Die Folge wäre ein erheblicher Kostenanstieg gewesen“, erläutert Lange. Durch den gewellten Mantel der Kunststoffrohre hingegen konnte an den Hauseinführungen mit einem deutlich geringeren Rohrradius gearbeitet werden. Dadurch befinden sich die Trassentiefpunkte nun in der Nähe der Fernwärmeübergabestation und das Wasser fließt bei einer Entleerung von den höher liegenden Gebäudeanschlüssen in die Vorrichtungen ab. Um die Einführung der Rohre in die Häuser möglichst einfach zu gestalten, ließ der Fachplaner ein Schutzrohr in die Bodenplatte verlegen, durch das die Nahwärmeleitungen durchgeschoben werden. Die Wärmeverteilung im Gebäudeinneren übernehmen spezielle Anschlussstationen mit integriertem Wärmeübertrager. Die Warmwasserbereitung erfolgt durch einen direkt an das Nahwärmenetz angeschlossenen Warmwasserspeicher.

Fazit

„Unter dem Strich ist es uns gelungen, ein optimal auf die Bedingungen vor Ort zugeschnittenes Nahwärmenetz für die ‚Friedenstaler Gärten‘ zu entwickeln“, zeigt sich Lange zufrieden. „Eine große Rolle spielte dabei die enge Zusammenarbeit der Beteiligten. So erwies sich Uponor als hilfreicher Partner bei der Planung von Abzweigen und sonstigen Systemschnittstellen. Darüber hinaus lief die Abstimmung der Trassenführung mit dem Bauherrn optimal. Durch die Verwendung von Doppelrohren für die Wärmeversorgung konnte zudem der Platzbedarf in den Kanälen erheblich reduziert werden“. Die Fertigstellung des Wohnquartiers ist für Ende 2020 geplant.

Redaktion (allg.)

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· Artikel im Heft ·

Modernes Wohnen mit Nahwärmeanschluss
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