Zentrale Trinkwassererwärmung

Auf Systemwahl und Auslegung kommt es an

In vielen großdimensionierten Zweckbauten und Mehrfamilienhäusern ist eine zentralisierte Trinkwassererwärmung noch immer sinnvoll. Fachmännisch korrekt dimensioniert und eingestellt, bieten moderne Zentrallösungen eine hochgradig energieeffiziente, wirtschaftlich tragfähige und hygienisch saubere Trinkwarmwasserversorgung. Entscheidend ist dabei die korrekte Berücksichtigung von Schlüsselfaktoren wie Anschlussleistung, Wärmetauscher und Zirkulationsvolumenstrom.
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MFH und Zweckbau Bild: chungking/stock.adobe.com
MFH und Zweckbau Bild: chungking/stock.adobe.com

Für großdimensionierte Zweckbauten wie Hotels, Krankenhäuser, Seniorenresidenzen oder Sportstätten empfehlen Experten immer häufiger den Einsatz dezentraler Frischwasserstationen. Doch eine zentralisierte Trinkwassererwärmung ist gerade bei großen Gebäuden unverändert sinnvoll.

Im Hinblick auf Anschaffung, Betrieb und Wartung sind dezentrale Systeme teurer als zentrale und rechnen sich deshalb gerade bei Großbauten oft nicht. Die Dezentralisierung wird umso kostspieliger, je größer ein Gebäude ist bzw. je mehr Einheiten durch eine eigene Station versorgt werden sollen. In zahlreichen Hotels oder Seniorenheimen, aber auch in etlichen großen Mehrfamilienhäusern ist die Dezentralisierung aus diesem Grund kaum wirtschaftlich darstellbar.

Vor allem im Bestand ist es fast immer sinnvoller, vorhandene Zentrallösungen zu sanieren, anstatt mit hohem Kostenaufwand auf eine dezentrale Trinkwassererwärmung umzustellen. Zudem sollte nicht vergessen werden, dass zentrale Warmwassersysteme jeder dezentralen Lösung in puncto Schüttleistung, Temperaturkonstanz und Wasserdruck überlegen sind. Das erhöht den Verbraucherkomfort, zumal durch den hohen Wasserdruck selbst entfernte Verbrauchsstellen zuverlässig versorgt werden.

Effizienz und Hygiene

Auch die von Dezentralisierungsverfechtern gern ins Feld geführte Hygieneproblematik liefert letztlich kein stichhaltiges Argument gegen eine zentrale Trinkwassererwärmung – jedenfalls dann nicht, wenn eine Anlage bestimmungsgemäß ausgelegt und betrieben wird und man auf den Einsatz reiner Speichersysteme verzichtet.

Systeme, bei denen in Warmwasserspeichern große Trinkwarmwassermengen vorgehalten werden, sind aus heutiger Sicht technologisch, energetisch und hygienisch veraltet. Eine rein bedarfsorientierte Warmwassererzeugung ist nicht möglich. Die großen, oft schlecht isolierten Speicher verursachen gravierende Wärmeverluste. Im unteren Bereich des Speichers schließlich stellen sich nicht selten mittlere Temperaturgradienten ein, was die Legionellenbildung begünstigt. Ihr Austausch ist daher dringend zu empfehlen.

Werden moderne Zentralisierungslösungen eingesetzt und fachmännisch korrekt eingestellt, werden diese Probleme vermieden, und die Anwender erhalten eine hochgradig energieeffiziente, wirtschaftlich tragfähige und hygienisch saubere Trinkwarmwasserversorgung.

Durchflusssystem versus Speicherladesystem

Aus technischer und wirtschaftlicher Sicht kommen zwei Ansätze in Frage: Der Einsatz von Durchflusssystemen, bei denen das Trinkwasser im Bedarfsfall durch einen zentralen Durchlauferhitzer erwärmt wird. Die zweite Lösungsmöglichkeit ist die Installation von Speicherladesystemen. Sie kombinieren einen Durchlauferhitzer mit einem Trinkwasser-Schichtenspeicher, der als Puffer für Spitzenbedarfszeiten dient.

In der Fachdiskussion werden beide Ansätze schon seit langem anhand der Abdeckung von Spitzenbedarfen gegeneinander abgewogen. Ist mit temporären Bedarfsspitzen zu rechnen, wird meist der Einsatz eines Speicherladesystems empfohlen, da nur dieses solche Spitzen verlässlich und mit vertretbarer Energieeffizienz abdecken könne. Durchflusssysteme hingegen gelten dann als geeignet, wenn in einem Gebäude gleichbleibend hohe Mengen erwärmten Trinkwassers benötigt werden. Doch diese Argumentation ist ein moderner Mythos, da gleichbleibende Trinkwarmwasserbedarfe in der Praxis nicht vorkommen und auch Durchflusssysteme sehr wohl in der Lage sind, hohe Bedarfslagen zuverlässig und energieeffizient zu bedienen.

Anschlussleistung entscheidet über Systemwahl

Hintergrund der Fehleinschätzung, dass Durchflusssysteme keine Bedarfsspitzen abdecken könnten, ist fast immer eine einseitige Betrachtungsweise, die wichtige Faktoren außer Acht lässt. So wird heute für gewöhnlich davon ausgegangen, dass ein Durchflusssystem einen temporären Spitzenbedarf allenfalls mit Hilfe einer Wärmequelle bewältigen kann, die für durchschnittliche oder geringe Bedarfslagen zu groß dimensioniert und damit insgesamt energetisch ineffizient ist. Das aber trifft in der Realität nicht zu. Für das Durchflusssystem ThermoDual-FLS etwa werden gegebenenfalls Heizwasserpufferspeicher verwendet, die genügend Energie zur Abdeckung des errechneten Spitzenbedarfs bereitstellen. Dadurch können kleiner dimensionierte Wärmeerzeuger gewählt werden, deren Leistung für eine durchschnittliche Bedarfslage ausreicht. Zum Teil genügen sogar Leistungen, die lediglich eine unterdurchschnittliche Bedarfslage abdecken. Moderne Durchflusssysteme sind somit genauso effizient und zuverlässig wie Speicherladesysteme.

Welcher Systemtyp gewählt werden sollte, hängt denn auch vorrangig von der verfügbaren Anschlussleistung ab. Reicht diese für den Ladewärmetauscher eines Speicherladesystems nicht aus, kommt ein System dieses Typs für das betreffende Gebäude nicht in Frage. Stattdessen sollte ein Durchflusssystem eingesetzt werden, da dieses technisch bedingt auch bei geringeren Anschlussleistungen eine zuverlässige Trinkwarmwasserversorgung sicherstellen kann.

Wärmetauscher und Zirkulationsvolumenstrom

Die fachgerechte Konfiguration einer zentralen Trinkwassererwärmung hängt indes nicht nur von der Wahl des richtigen Systemtyps ab. Mindestens ebenso wichtig ist die Auslegung. Sie muss bei Durchfluss- wie bei Speicherladesystemen auf den errechneten Spitzenbedarf bezogen sein. Schlüsselfaktoren sind hier Wärmetauscher und Zirkulationsvolumenstrom. Der Wärmetauscher muss den maximalen Lastfall abdecken können, andererseits aber auch bei durchschnittlicher oder niedriger Bedarfslage energieeffizient arbeiten. Voraussetzung für einen erfolgreichen Systembetrieb sind deshalb hocheffektive Wärmeübertrager, die bis zu einem Bruchteil der errechneten Nennleistung anwendbar sind und auch bei Teillast eine optimale Wärmeübertragung sicherstellen.

Für den Zirkulationsvolumenstrom wiederum gilt, dass eine Überdimensionierung vermieden werden sollte. Übersteigt die Dimensionierung den Spitzenbedarf, wird die über den Wärmetauscher fließende Wassermenge nicht mehr auf mindestens 60 °C erwärmt. Das hat zur Folge, dass die Rücklauftemperatur der Zirkulation unter das hygienisch notwendige Minimum von 55 °C fällt und es zu gesundheitskritischen Bakterienbildungen kommen kann. Lässt sich der Zirkulationsvolumenstrom nicht entsprechend dimensionieren, muss die Systemleistung angepasst werden, da sonst kein effektiver und hygienisch korrekter Betrieb möglich ist. Im Interesse größtmöglicher Leitungshygiene und Energieeffizienz sollte zudem ein fachgerechter dynamischer hydraulischer Abgleich der Zirkulationsleitungen erfolgen. Er optimiert den Durchfluss und beugt damit kritischen Stagnationen vor, zudem werden auch die Zirkulationsverluste deutlich reduziert.

Speicher energetisch und hygienisch unproblematisch

Die Nutzung eines Trinkwasserspeichers bereitet bei richtiger Systemwahl weder energetische noch hygienische Probleme. Bei modernen Durchfluss- und Speicherladesystemen kommen sehr gut isolierte Schichtenspeicher zum Einsatz, die nur wenig Wärme an die Umgebung abgeben und zugleich durch kalten Zulauf im Bodenbereich der Bildung eines bakterienfreundlichen Temperaturmilieus vorbeugen.

Auch die vielfach propagierten Kaskadenschaltungen mehrerer Durchflusssysteme sind bei sachgerechter Systemwahl und Systemauslegung vollständig verzichtbar. Gegenüber leistungsstarken singulären Systemen bieten solche Schaltungen weder Hygienevorteile noch eine bessere Regelgüte und Energieeffizienz, vom logistischen und finanziellen Aufwand für die Installation mehrerer Systeme ganz abgesehen. Bei lastunabhängig hocheffektiven Wärmetauschern, fachgerecht dimensionierter und regulierter Zirkulation und gut isolierten Heizwasser-Schichtenspeichern kann ein einziges System alle Bedarfslagen verlässlich, energieeffizient und hygienisch korrekt abdecken.

Fazit

Der Erfolg einer zentralisierten Trinkwassererwärmung steht und fällt einzig mit der richtigen Wahl und Auslegung des zugrundeliegenden Systems. Werden alle wichtigen Faktoren wie Anschlussleistung, Wärmetauscher, Zirkulationsvolumenstrom berücksichtigt und moderne Durchfluss- oder Speicherladesysteme eingesetzt, stellt eine zentralisierte Trinkwassererwärmung nach wie vor eine effektive und komfortorientierte Lösung dar, die sich auch in Bezug auf Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit nicht hinter anderen Ansätzen verstecken muss.

Gerade in großdimensionierten Wohn- und Zweckbauten, in denen die Kosten für Installation, Betrieb und Wartung eine entscheidende Rolle spielen, ist der zentrale Ansatz noch immer das Mittel der Wahl, mit dem sich auch Hygienefragen effektiv und sicher lösen lassen. Vor allem im Bestand spricht alles dafür, keine unnötigen Experimente zu wagen und gegebenenfalls lieber bestehende Zentrallösungen zu sanieren bzw. zu optimieren. Um zu entscheiden, welches Zentralisierungsmodell in Frage kommt, sollten allerdings umfassende Abwägungen und Vorausberechnungen unter Einbeziehung möglichst vieler Systemfaktoren durchgeführt werden. Hersteller, die neben beiden Systemtypen auch dezentrale Lösungen umsetzen und dadurch mit allen Ansätzen vertraut sind, bieten hier umfassende Beratungen an. Sie unterstützen zudem auch gern mit anwenderspezifischen Modellrechnungen, die zentralisierte und dezentralisierte Konzepte anhand der konkreten Gebäudeparameter miteinander vergleichen.

Dipl.-Ing. Stefan Lütje

Dipl.-Ing. Stefan Lütje
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Seite 61 bis 63
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