Den Hitzeperioden trotzen

Flächenkühlsysteme für ein komfortables Raumklima

Eine Flächenkühlung kann die Behaglichkeit und den wirtschaftlichen Nutzen in verschiedensten Wohn- und Arbeitsbereichen deutlich erhöhen, sei es saisonal in der Klimatisierung von Büros und Privaträumen oder ganzjährig bei Industrie- oder Gewerbeobjekten, in der Produktion und Lagerräumen. Passende Systemtechniken stehen in einer breiten Auswahl für Boden, Wand und Decke zur Verfügung.

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Strahlungsaustausch im Kühl- und im Heizfall Bild: BVF-Richtlinie 15.1 – Kühlen und Heizen mit Deckensystemen: Grundlagen und Möglichkeiten
Strahlungsaustausch im Kühl- und im Heizfall Bild: BVF-Richtlinie 15.1 – Kühlen und Heizen mit Deckensystemen: Grundlagen und Möglichkeiten

Die Flächenheizung (Fußboden-, Wand- und Deckenheizung) hat sich aus gutem Grund durchgesetzt. Behaglichkeit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit sowie Freiheit bei der Raumgestaltung/Einrichtung sind die herausragenden Vorteile dieser erfolgreichen Systemtechnik. Grundsätzlich kommen Boden, Wand und Decke ebenso für die Flächenkühlung in Frage, am besten eignet sich jedoch die Decke. Untersuchungen zeigen, dass eine Kühlung von der Decke als am behaglichsten empfunden wird.

Voraussetzung für die Kühlung ist eine Einrichtung zur Wärme- und Kälteerzeugung, z. B. eine Wärmepumpe oder ggf. ein Kaltwassersatz zur Erzeugung des Bedarfsmediums, im Regelfall Wasser, zum Heizen oder zum Kühlen. Diese Systemtechnik ist nicht nur im Neubau eine tragfähige Option, sondern auch in der Modernisierung wie z. B. in denkmalgeschützten Häusern.

Funktionsweise

Gebäudeheizlasten fallen mittlerweile so gering aus, dass auch die Raumheizung über die Aktivierung der Decke wirtschaftlich und behaglich erfolgen kann. Das heißt, es wird nur ein System zum Kühlen und Heizen benötigt, und das mit uneingeschränkten Vorteilen.

Im Kühllastbetrieb wird dem Raum Wärme entzogen, um die gewünschte Raumtemperatur zu erreichen. Anders als bei konventionellen Kühlsystemen, die die überschüssige Wärme vorwiegend konvektiv über die Zuluft oder über Umluftgebläse abführen, arbeitet die Kühldecke nach dem Prinzip der „stillen Kühlung“ und erzeugt durch den Strahlungsaustausch eine angenehme und als behaglich empfundene Raumtemperatur. Hohe Luftgeschwindigkeiten und Turbulenzen, die zu Zugerscheinungen führen und sich negativ auf die Behaglichkeit auswirken, gehören der Vergangenheit an.

Im Heizfall hingegen wird dem Raum Wärme über Strahlung zugeführt, um die gewünschte Raumtemperatur zu erreichen. Wie in der freien Natur befinden sich die Nutzer sowohl im direkten und auch indirekten Strahlungsumfeld der Heizfläche. Genauer gesagt, erreichen die Strahlungswellen den Nutzer indirekt, z. B. durch Flächen von Umschließungen und Gegenständen im Raum. Durch die relativ geringen Oberflächentemperaturen der Deckenheizfläche und den Temperaturaustausch mit den übrigen Raumflächen stellt sich eine niedrige Strahlungsasymmetrie ein. Wie bei allen Strahlungsflächenheizungen ergibt sich eine sehr gleichmäßige Temperaturverteilung über den kompletten Raum. Diese Umstände sowie eine sehr geringe Luftbewegung sorgen für eine hohe thermische Behaglichkeit. Das bedeutet, dass die Oberflächentemperaturen der aktiven Deckenflächen je nach Lastfall beim Heizen geringfügig über und beim Kühlen geringfügig unter der gewünschten Lufttemperatur liegen. Allein durch diesen Effekt arbeitet die Systemtechnik Kühlen und Heizen über die Decke im Vergleich zu konvektiven Luft-Klimasystemen (RTL-Anlagen) deutlich wirtschaftlicher.

Entscheidend für den reibungslosen Betrieb einer Flächenkühlung ist die Einhaltung bestimmter regelungstechnischer Vorgaben. Hierzu zählt im Wesentlichen die Vermeidung der Unterschreitung der Wasserdampf-Taupunkttemperatur auf der kühlenden Raumfläche. So darf die Kühlwassertemperatur nicht beliebig tief abgesenkt werden, um eine höhere Kühlleistung zu erzielen. Die definierte Mindesttemperatur, in der Regel 16 °C, sollte nicht unterschritten werden. Dies lässt sich bei den heute üblichen Systemen auf unterschiedliche Weise realisieren: Entweder wird die Vorlauftemperatur oberhalb des errechneten Taupunkts der Bauteilfläche gehalten oder der Kühlwasserzufluss wird bei Erreichen des Taupunkts an der Bauteilfläche zwischenzeitlich unterbrochen.

Energieeinspareffekt

Durch das günstigere Temperaturniveau im System werden Energieeinspareffekte im Heiz- und Kühlbetrieb erzielt. Konventionelle Wärme- und Kälteerzeuger wie etwa die Brennwerttechnik erreichen damit höhere Wirkungs- und Nutzungsgrade. Die Wärmeverluste bei der Energieverteilung sinken. Das ermöglicht die Kombination mit regenerativen Energien, z. B. Wärmepumpenanlagen. So können Wärmepumpen mit Erdsonden in vielen Fällen ohne Energieeinsatz für den Kältekreislauf zur direkten Kühlung durch die Geothermie eingesetzt werden. Auch im Lastfall Heizen kann aufgrund der geringen Systemtemperaturen (30 bis 35 °C) viel Energie eingespart werden. Die übliche Raumlufttemperatur von 22 °C bei einem konventionell beheizten Gebäude kann mit einer Flächenheizung bei gleicher Behaglichkeit um 2 °C reduziert werden. Das spart etwa 12 % Energie und damit auch Kosten. Zudem schützt es Ressourcen und leistet einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Wärmewende.

Wartungsfreiheit

Kühl- und Heizdecken sind im Prinzip wartungsfrei. Sie behalten ihre Gebrauchstauglichkeit durch das Funktionsprinzip der „Stillen Kühlung bzw. Stillen Heizung“ über die gesamte Nutzungsdauer. Durch das Fehlen von beweglichen Teilen (ausgenommen Verteiler, Mengeneinstellungen, Ventile) ist der Wartungsaufwand bei Kühl- und Heizdeckensystemen minimal. Die Kosten sind niedrig und die Hygiene wird nachhaltig gesichert.

Hygiene und behagliches Raumklima im Arbeitsumfeld

Gemäß Arbeitsstättenregel ASR A3.5 Raumtemperatur soll die Temperatur in Büroräumen zwischen 20 und 26 °C liegen. Das gehört zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten. Zur Sicherstellung stellt neben dem äußeren Sonnenschutz die Installation oder Nachrüstung einer Flächenheizung bzw.-kühlung eine sehr gute Option dar, die darüber hinaus ein angenehmes und gesundes Raumklima erzeugt. Strahlungswärme wird als besonders wohltuend empfunden; zudem wird die Raumluft durch die Strahlung weniger ausgetrocknet. Für die Atemwege, gerade in Erkältungs- und Grippezeiten, und die Haut ist dies ein wesentlicher Vorteil, der nicht nur von Allergikern als äußerst positiv empfunden wird. Generell gilt: Je niedriger die Temperatur der Heizfläche und je höher der Anteil der Strahlungswärme, desto größer ist die thermische Behaglichkeit.

Kühl- und Heizdeckensysteme werden auch in hygienisch sensiblen Bauobjekten wie etwa Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen bevorzugt eingesetzt. Bei Systemen mit hohem Strahlungsanteil entsteht im Raum kaum Konvektion und damit sehr wenig staubaufwirbelnde Luftbewegung. Dies kommt der Raumlufthygiene in hohem Maß zugute.

OPZ – Psychiatrisches Zentrum in der Stadt Geel

Die Ansprüche an Hygiene und Behaglichkeit in Krankenhäusern sind extrem hoch. Wenn dann noch ökologisch ganzheitliche und nachhaltige Anforderungen an die Heizung und Kühlung gestellt werden, sind intelligente Konzepte gefragt.

Für das psychiatrische Zentrum in Geel mit Baubeginn im April 2019 sind an Stelle der alten Gebäude einer Kolonie fünf neue Gebäude mit insgesamt 80 Wohnungen entstanden. Sie sollen eine Art Dorf in einer angenehmen grünen Umgebung bilden. Für die Umsetzung waren Kosten von rund 10 Mio. Euro veranschlagt. Das Projekt wurde im August 2020 fertiggestellt.

Die ökologischen und gesundheitsfördernden Klimadecken vom BVF Mitgliedsunternehmen Argillatherm fügen sich in die kreisschließende ökologische Vision ein. Sie wärmen, kühlen, reinigen und regulieren die Luftfeuchtigkeit und haben darüber hinaus medizinische Vorteile. Die Sorptionskapazität der Hochleistungs-Lehmmodule (> 500 g/m²) sorgt für eine gleichmäßige Raumluftfeuchtigkeit von etwa 50 % und ein angenehmes und gesundes Raumklima. Sie wirkt aktiv gegen das Austrocknen der Schleimhäute und Erkältungen, gegen niedrige Energieniveaus und Konzentrationsschwäche. Die antistatische Wirkung reduziert den Feinstaub, neutralisiert statisch aufgeladene Staub- und Schmutzpartikel, bindet Schadstoffe aus der Luft und reduziert Elektrosmog.

Das richtige System wählen

Deckensysteme mit Kühl- und Heizfunktion sind für jede Bausituation im Alt– oder Neubau erhältlich. Die Systemarten unterscheiden sich in zwei bauphysikalische Hauptgruppen:

  • abgehängte Systeme
  • bauteilintegrierte Systeme

Abgehängte Kühl- und Heizdeckensysteme

Bei den Bauarten der abgehängten Systemtechnik kommen Metall- und Rasterkühl-/Heizdecken mit Deckenplatten aus Stahl, Aluminium oder auch mineralischen Bauplatten zum Einsatz, die auf der Rückseite mit Rohrregistern aus Metall oder Kunststoff versehen sind. Die Verbindung der mediumführenden Register mit den Deckenplatte erfolgt z. B. durch Kleben, Klemmen, Einfräsen oder magnetisch.

Zur Verbesserung der Wärmeübertragung werden ggf. zusätzlich Elemente zur besseren Wärmeverteilung auf der Deckenplatte eingesetzt. Die Wärmetauscherkonstruktionen werden mittels einer Abhängung an der Rohdecke angebracht. Die Decklage kann als geschlossene Decke oder als frei abgehängtes Deckensegel ausgeführt werden.

Geschlossene Deckensysteme

Geschlossene Decken bieten eine homogene Deckenunterschicht, wobei der Deckenhohlraum für vielfältige Installationen genutzt werden kann. Die raumseitige Oberfläche kann unterschiedlich gestaltet werden. Einbauten wie Beleuchtung, Luftdurchlässe, Sprinkler oder Melder lassen sich einfach integrieren. Auch kann sie mittels Perforierung zur Verbesserung der Raumakustik dienen.

Weitere geschlossene Deckensysteme sind z. B. aus Metall, Gipskarton oder Gipsfaser sowie Faserzement und Lehm. Diese geschlossenen Trockenbau-Deckensysteme zeichnen sich vor allem durch ihre flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten aus und erfüllen durch ihre ebene, fugenlose Oberfläche höchste architektonische Anforderungen. Sie können im Neubau und in der Sanierung eingesetzt und zur Verbesserung der Raumakustik aktiviert werden. Die Unterkonstruktion aus Grund- und/oder Tragprofilen wird an der Rohdecke befestigt und ausgerichtet. Die Montage der Kühl- und Heizsysteme erfolgt dann zwischen oder unterhalb der Tragprofile der Unterkonstruktion auf- oder eingelegt in die o. g. mineralischen Bauplatten.

Hochleistungsheiz-/-kühldecken

Hochleistungsheiz-/-kühldecken kühlen Räume mit hoher spezifischer Leistung und ohne Einsatz von Ventilatoren oder Raumklimageräten. Anders als bei Raumlufttechnischen Anlagen (RLT) handelt es sich um laminare Luftgeschwindigkeiten, die für ein behagliches Raumklima sorgen.

Mit speziell konstruierten Deckenkonstruktionen können hohe Wärmelasten abgeführt werden. Anders als bei der geschlossenen Kühldecke wird aufgrund der offenen Deckenkonstruktion auch die dem Raum abgewandte Seite zur Kühlung und Heizung (konvektiver Gewinn) genutzt. Die Leistung summiert sich aus Strahlung und Konvektion und kann bis zu dem doppelten einer geschlossenen Kühldecke betragen. Die so genannten Konvektionsdecken werden in hohen Räumen verschiedener Nutzung, z. B. Flughäfen, Film- und Fernsehstudios, Ausstellungsräumen etc. eingesetzt.

Bauteilintegrierte Kühl- und Heizdeckensysteme

Bauteilintegrierte Systeme unterscheiden sich im Prinzip durch zwei Bauarten:

  • medienführende Rohre oder Rohrregister nachträglich am Bauteil angebracht (z. B. eingeputzt)
  • medienführende Rohre oder Rohrregister im statischen Bauteil (z. B. Betondecke = Betonkernaktivierung).

Bei eingeputzten Systemen handelt es sich um Heiz- und Kühlsysteme in Form von Rohren oder Systemmodulen, die an Betonrohdecken oder anderen festen Deckenoberflächen befestigt und anschließend mit Zement-, Kalk-, Gips- oder Lehmputz eingeputzt werden.

Die Betonkernaktivierung gliedert sich in drei unterschiedliche Bauarten:

  • thermische Betonkernaktivierung (BKA)
  • Betonkerntemperierung (BKT)
  • Bauteilaktivierung (BTA).

Alle drei Bauarten nutzen zur Temperaturregulierung die statischen Bauteile, quasi den massiven Betonkern. Bei der Erstellung von Massivdecken werden in die Konstruktion Rohrleitungen verlegt, durch die meist Wasser als Kühl- bzw. Heizmedium geleitet wird. Die Massivdecke wird dabei als Übertragungs- und Speichermasse thermisch aktiviert. Das massive Bauteil nimmt die Wärme vom Medium oder vom Raum auf, speichert sie und gibt sie zeitversetzt an den Raum oder das Medium weiter. Es kommt hierbei zu einer Phasenverschiebung zwischen Energieerzeugung und Abgabe. Im Sommer kann die Nachtauskühlung zur Kühlung des Mediums und zur Entnahme der Wärmeenergie aus dem Raum genutzt werden. Tagsüber werden die Räume dann durch Wärmeabfluss in den kalten Decken bzw. Wänden gekühlt. Diese Systeme werden in der Regel zur Abdeckung der Grundlast eingesetzt.

BVF Flächenheizungsfinder

Unter www.flaechenheizungsfinder.de werden für alle denkbaren Anforderungen und Anwendungen passende spezialisierte Unternehmen mit ihren Kompetenzen vorgestellt. Über eine Filterfunktion lässt sich die Suche passgenau gestalten.

Fazit

Deckenkühlungen, ob im Bestand oder Neubau, bieten eine echte Alternative zu hygienisch bedenklichen und wartungsintensiven Klimaanlagen. Die spürbare Verbesserung des Wohlbefindens und die nachgewiesene Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit sprechen für ein Deckenheiz- und -kühlsystem.

Der BVF und seine Mitgliedsunternehmen bieten interessierten Investoren, Planern, Bauherrn und Verarbeitern umfassende Informationen zu den Vorteilen und Einsatzmöglichkeiten diese nachhaltige Systemtechnik für Boden, Wand und Decke.

Dipl.-Ing. Alexandra Borke

Dipl.-Ing. Alexandra Borke
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· Artikel im Heft ·

Flächenkühlsysteme für ein komfortables Raumklima
Seite 40 bis 43
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