Future Living Berlin

Das Smart City Quartier „Future Living Berlin“ öffnete im Frühjahr 2020 seine Pforten: Es ist der Standort einer zukunftsweisenden Energielösung mitten in Europa. Eines der wesentlichen Ziele ist es, Lebensraum zu schaffen, der positiv zur Dekarbonisierung beiträgt. FLB ist dabei keine Ausnahme: Das Quartier verbindet nachhaltiges, aber auch inklusives und digital vernetztes Leben.
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Das neue Smart City-Quartier Future Living® Berlin kombiniert nachhaltiges, barrierefreies und digital vernetztes Leben. Bild: Panasonic Europe
Das neue Smart City-Quartier Future Living® Berlin kombiniert nachhaltiges, barrierefreies und digital vernetztes Leben. Bild: Panasonic Europe

Das Smart City-Quartier liegt in Adlershof im Süden Berlins. Der Stadtteil ist auf dem Weg, Deutschlands größtes Technologiezentrum zu werden. Derzeit treffen hier 1.200 Unternehmen und rund 20 Forschungseinrichtungen der Technischen Universität Berlin sowie aus der Industrie auf 17 Hektar Fläche zusammen und bündeln ihre Ressourcen, ihr Wissen und ihre Kompetenzen. Damit passt Future Living Berlin (FLB) perfekt zum zukunftsorientierten Geist des Bezirks. Die Idee hinter dem Quartier: Lebensraum zu schaffen, der die Zukunft vorwegnimmt und eines Tages normal ist.

Smart und barrierefrei

Die Wohnblöcke wurden in einer barrierefreien, offenen Architektur geplant und gebaut, die die soziale Interaktion zwischen den Mietern fördert. Der Investor und Projekteigentümer, die GSW Sigmaringen GmbH, verfolgte die Idee der universellen Gestaltung und Barrierefreiheit, um nicht nur Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen Wohnraum zu bieten, sondern auch ein generationenübergreifendes Wohnen im Quartier zu ermöglichen: Von den 90 Wohnungen sind elf für Rollstuhlnutzer ausgelegt. Alle Wohnungen sind mit einer schlüssellosen Zugangsinfrastruktur ausgestattet, die Türen, Briefkästen und Aufzüge umfasst. Die Mieter können den Zugang mit einer RFID-Karte oder einer Smartphone-App verwalten. Auch die Ausstattung der Wohnungen folgt dem Prinzip der Barrierefreiheit, wie etwa die höhenverstellbaren Kücheneinbauten. Die Internet of Things (IoT)-Plattform des Unternehmens digitalSTROM bietet eine Vielzahl von Smart Home-Funktionen und -Szenarien. Sie basiert auf Powerline-Kommunikation. Schnittstellen mit Smart TVs und smarten Lautsprechern von Panasonic bieten den Mietern viel Komfort und Sicherheit, indem beispielsweise eine visuelle Mitteilung auf dem Fernsehbildschirm erscheint, wenn der Feueralarm in einem anderen Raum ausgelöst wurde. Dies kann besonders für Menschen mit Hörproblemen hilfreich sein. Bestimmte Szenarien wie „zu Hause sein“, „bei der Arbeit sein“ oder bestimmte Wetterbedingungen führen dazu, dass eine Reihe von automatischen Befehlen ausgeführt werden, wie z. B. die Türverriegelung beim Verlassen der Wohnung.

Energie-Management-System

Das Energiekonzept konzentriert sich auf eine grüne und nachhaltige Versorgung und die intelligente und effiziente Nutzung von lokal erzeugter Energie. Kern des Konzepts ist die Verwaltung und Überwachung der Technologie durch die intelligenten Algorithmen von Panasonic, die Teil der Energy Management Solution (EMS) sind.

Laut Eurostat(tinyurl.com/y4fuxec5) werden rund 80 % der Haushaltsenergie in Europa zum Heizen verwendet, das Potenzial zur CO2-Reduzierung ist also groß. Aus diesem Grund lag das Augenmerk für eine effiziente Energielösung auf der Optimierung des Energieverbrauchs für die Beheizung der Wohnungen (Raumheizung) und einer energieeffizienten Warmwasserbereitung. Produziert wird die Energie vom Unternehmen Polarstern, das den Strom direkt an die Mieter verkauft. Die Bewohner erreichen einen Preisvorteil von mehr als 15 %.

Für die Optimierung des Energieverbrauchs entwickelte das Forschungs- und Entwicklungszentrum von Panasonic in Europa eine Energiemanagementlösung. Für die Stromerzeugung auf den Dächern kommen Photovoltaikmodule und Luft/Wasser-Wärmepumpen des Unternehmens zum Einsatz. Die PV-Module sind hinsichtlich ihrer Leistung und Belastbarkeit in der Branche führend und ihre optimierte Verknüpfung mit den Wärmepumpen koppelt die Elektrizität noch besser mit dem Wärmesektor.

Die Softwarelösung beginnt mit der Messung der Leistung der PV-Module und der entsprechenden überschüssigen Energie, die erzeugt und nicht direkt im Gebäude genutzt wird. Die Steuerung entscheidet dann, was erzeugt wird: Energie für Raumheizung oder Warmwasserbereitung, abhängig von verschiedenen Faktoren wie Jahreszeit, Tageszeit usw. Solche intelligenten Steuerungen und Algorithmen führen zu Energieeinsparungen und einer flexiblen Reaktion auf die Bedürfnisse der Bewohner von Future Living Berlin.

Die Energiemanagement-Software verbessert auch die effiziente Nutzung von Solarstrom. Sie basiert auf Algorithmen, die den verfügbaren Ertrag der PV-Anlage so steuern, dass er von den Wärmepumpen optimal genutzt wird. Stellt das System einen Überschuss fest, wird die Energie im ersten Schritt für die Raumwärme verwendet (da der Komfort der Mieter für den Algorithmus zur obersten Priorität erklärt wurde). Im zweiten Schritt wird sie weitergeleitet an die häusliche Warmwassererzeugung. Ziel ist die Optimierung des Eigenverbrauchs von durchschnittlich 30 bis 40 % auf 50 bis 60%. Dabei werden auch saisonale Effekte berücksichtigt: Im Frühjahr und im Herbst nutzt der Algorithmus die Raumheizung und die Warmwasserbereitung am besten aus und zeigt die größten Effizienzgewinne. In der Sommerzeit kann überschüssige PV-Energie nur für die Warmwasserbereitung genutzt werden. Die Heizung wird abgeschaltet und damit die durchschnittliche Effizienz verringert. Im Winter ist der Nutzen durch die Energiemanagementlösung ebenfalls niedriger. Grund ist die geringere Sonneneinstrahlung und die damit einhergehende geringere PV-Energieerzeugung, insbesondere in den Monaten Dezember bis Februar.

Das Energieexpertenteam von Panasonic R&D in Europa arbeitet seit vielen Jahren mit verschiedenen Partnern zusammen, um die Nutzung grüner Energie - insbesondere in dezentralen Umgebungen - zu optimieren. Es begann damit, PV-Strom und Batteriesysteme zu testen. Für das Projekt Future Living Berlin fügten die Energieexperten Wärmeenergie hinzu und arbeiteten an der Sektorenkopplung von Strom und Wärme. Nach computergestützten Animationen wurden zusammen mit einem Forschungsteam der Technischen Hochschule Aachen Labortests durchgeführt. Das Management der kaskadierenden Wärmepumpenversorgung war eine der Herausforderungen, auf die die Lösung getestet wurde - und sie bestand. „Kaskadierend“ heißt in diesem Zusammenhang. dass ein Mehrfamilienhaus in der Regel von mehr als einer Wärmepumpe versorgt wird; im Quartier Future Living Berlin sind es zwischen zwei und fünf.

Nach intensiven Tests ist die Lösung reif für die Praxis und ihre Installation in Berlin für den Feldtest, der im Frühsommer 2020 begann. Die Erkenntnisse aus dem Feldtest werden für die Weiterentwicklung der Softwarelösung genutzt. Das Hinzufügen neuer Funktionen, z. B. Künstliche Intelligenz (KI), und die Berücksichtigung weiterer Sektoren, z. B. im Bereich der E-Mobilität, werden derzeit evaluiert.

Luft-Wasser-Wärmepumpen

Die 17 Aquarea Luft/Wasser-Wärmepumpen werden zur Raumheizung und Warmwassererzeugung eingesetzt. Sie bieten eine äußerst energieeffiziente Technologie und laufen nahezu kohlenstofffrei, wenn sie mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Zur Leistungssteigerung sind die Wärmepumpen in die „Aquarea Service Cloud“ eingebunden: Diese Konnektivität ermöglicht es Installateuren, die Wärmepumpen aus der Ferne zu verwalten und zu warten. Das spart Zeit und auch CO2, da die Wartung vor Ort effizienter geplant wird. Mit einer weiteren Cloudlösung, der so genannten „Aquarea Smart Cloud“ können Endnutzer ihren Stromverbrauch per Smartphone überwachen und so Effizienz und Komfort steigern.

Photovoltaiksysteme

Die regenerative Energie für die Wärmepumpen wird von 600 HIT- Modulen mit einer Gesamtleistung von 195 kWp bereitgestellt. Durch die patentierte Heterojunction Zell-Technologie (HIT) sind diese Module 10 % effizienter als herkömmliche Module. Die begrenzte Dachfläche der Wohntürme wird so durch die hohe Effizienz der Module ausgeglichen, so dass diese wesentlich zur umweltfreundlichen Gesamtenergieversorgung der Mieter beitragen.

Batteriespeicherung

Die Stromspeicherung ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Energielösung von Panasonic im Quartier FLB. In PV-Akkus wird ein Teil der überschüssigen Energie für Zeiten gespeichert, in denen kein Sonnenlicht für die Stromerzeugung zur Verfügung steht. Die gespeicherte Energie unterstützt das Gleichgewicht von Stromerzeugung und -verbrauch und trägt so zu einer effizienteren Energieversorgung bei.

Smart-Home-System

Geräte in der Wohnung schalten sich aus, wenn die Bewohner die Wohnung verlassen. Das ist bequem für den Mieter, zudem spart es Energie und reduziert leicht den Kohlenstoffausstoß. Wichtige Meldungen wie Türklingeln, Unwetterwarnungen oder Feueralarme können auch als visueller Alarm auf dem Fernseher ausgegeben werden. Einige der Funktionen werden automatisch ausgelöst (Beleuchtung, Rauchmelder in Verbindung mit Lautsprechern und Fernseher), andere können über intelligente Schalter, Sprachsteuerung oder die Software „Wohnungsverwalter“ ausgelöst werden. Die Software bietet einen Überblick über den aktuellen Zustand der Wohnung, ermöglicht die Steuerung einzelner komplexer Vorgänge und zeigt Warnungen an. Das digitale Türzutrittssystem „myPORT“ von Schindler ermöglicht den Zugang zu Haus- und Wohnungstüren mit einer Chipkarte oder einer App. Das System erkennt die Bewohner über Nutzerprofile und sorgt automatisch für einen barrierefreien Zugang (inklusive der Aufzüge). Kameras vor Haus- und Wohnungstüren ermöglichen in Verbindung mit der App oder durch temporäre Autorisierung über einen Gastcode den Zugang für Dritte wie Besucher oder Pflegepersonen.

Carsharing mit E-Auto-Flotten

Die Buchung eines Fahrzeugs der Autoflotte von Daimler smart mit 5 Autos und festen Parkplätzen in der Tiefgarage erfolgt über eine App, die mit dem FLB-Wohnungsverwalter verknüpft ist. Die Nutzung der Fahrzeuge ist im ersten Jahr kostenlos und wird dann individuell pro Nutzung abgerechnet.

Projektdaten

Fläche: 7.604 m²

Wohnungen: 90

Gewerbeeinheiten: 10

Projekteigentümer: GSW Sigmaringen

Erster Spatenstich: Juli 2017

Installation der Luft/Wasser-Wärmepumpen: Dez. 2019

Luft/Wasser-Wärmepumpen: 17

Installation der Photovoltaikanlagen: Juli 2019

Panasonic PV-Module HIT: 600

PV-Anlagen Leistung: 195 kW

Speicherkapazität: 156 kWh

PV-Strom für Wärmepumpen: 35 % von 160 MWh

Direktverbrauch: 90 %

Smart Meter-Einheiten: 150

Key Facts zum Smart Home-System

In den Wohnungen:

Powerline-basierte Kommunikation (von digitalSTROM)

Funktionen für Komfort und Sicherheit (Licht, Wärme, Verschattung)

Integration über IoT z. B. von PANASONIC TV oder KIMOCON höhenverstellbare Küchen

Diverse Interaktionsmöglichkeiten - von Automatisierung über smarte Schalter bis Sprachsteuerung

Appartement Manager: Mehrsprachiges Touchscreen-Gerät

Fenster: Sensoren zum Öffnen und Verriegeln

Anwesenheit: Bewegungsmelder

Licht: Beleuchtungssensoren

Sicherheit: Rauchsensoren

Luftqualität, z. B. Temperatur & CO2

Smart Metering für Elektrizität, Wasser, Wärme

Kontrollierbare Temperatur pro Raum

Motoren an Außenjalousien

Zentral steuerbare Beleuchtung, Lautsprecher und Fernseher

Schlüsselloser Zugang zur Wohnungstür

Schaltbare Steckdosen

Auf dem Campus:

Intelligentes Aufzugsystem

Schlüsselloses intelligentes Zugangssystem

WiFi auf dem gesamten Gelände

Abhol-Paketstation

Digitale Wäscherei

Fußnoten

Ralf Becker

Ralf Becker
Leiter des Bereichs Energielösungen bei Panasonic R&D Europe, Ha
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· Artikel im Heft ·

Future Living Berlin
Seite 30 bis 32
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