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Hybrides Heizsystem für Wohn- und Geschäftshäuser

„Hello 18 Wohnen“ ist ein eher ungewöhnlicher Name für zwei architektonisch interessante Gebäudekomplexe mit 173 Wohneinheiten inmitten des Europaviertels von Darmstadt. Ebenso ungewöhnlich ist das Heizkonzept für die hochwertig ausgestatteten Wohn- und Geschäftshäuser – nichts von der Stange, sondern ein Maßanzug. Mit Unterstützung durch Buderus plante das beauftragte Ingenieurbüro ein hybrides Heizsystem mit Fokus auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz.

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Im Europaviertel Darmstadt wurden zwei neu Wohn- und Geschäftsgebäude mit insgesamt 173 Wohnungen fertiggestellt. Das effiziente Heizsystem kommt von Buderus. Bild: Buderus
Im Europaviertel Darmstadt wurden zwei neu Wohn- und Geschäftsgebäude mit insgesamt 173 Wohnungen fertiggestellt. Das effiziente Heizsystem kommt von Buderus. Bild: Buderus

Die beiden neuen Gebäude von „Hello 18 Wohnen“ heben sich bereits durch ihre Optik vom Umfeld ab: Graue und weiße Farben, daneben viel Glas, dominieren die Fassade. Verkehrstechnisch liegen sie ausgesprochen günstig: drei Minuten sind es zum Bahnhof, zwei zur Autobahn. Darmstadt, der Wissenschaftsstandort mit innovativen Unternehmen, hat einen großen Bedarf an Wohnraum. Das Konzept für die beiden Wohn- und Geschäftsgebäude in begehrter Lage stammt von der OFB Projektentwicklung aus Frankfurt am Main und schafft den Spagat zwischen Arbeits- und Wohnraum. Als Generalunternehmer war die Lupp GmbH aus Nidda tätig, die bei der Planung des Heizsystems auf die Kompetenz des Ingenieurbüros Neuplan aus Gießen vertraute. Für deren Geschäftsführer Willibald Graf stand schnell fest, dass er die Anforderungen des Bauherrn am besten mit Buderus erfüllen kann.

Besonders positiv bewertet der Ingenieur, dass alle Komponenten des Heizsystems aus einer Hand kommen. „Gasbrennwertkessel, Wärmepumpen und Solaranlagen haben andere auch. Aber bei Buderus weiß ich, dass alle Produkte optimal aufeinander abgestimmt sind und zusammenpassen“, so Graf. Durch die Planungsunterstützung des Herstellers habe man ein schlüssiges Wärmeerzeugungskonzept mit allen Bestandteilen und der entsprechenden Regelungstechnik erhalten, Wärmeerzeugungsmanagement und Wärmeverteilung harmonieren bestens.

„Ich schätze diese Unterstützung sehr, weil wir als Planungsbüro doch viele Bereiche zu betreuen haben – von der Heiztechnik über Lüftung, Sanitär, Klima bis zur Entwässerung. Da können wir nicht über alle Details der Systemkomponenten der Hersteller und jeden Anwendungsfall Bescheid wissen. Wir planen die Anlagentechnik nach den Vorgaben des Investors, Buderus verfeinert dieses mit seiner Produktauswahl, Hydraulik und Regelung“, erklärt Neuplan-Projektleiter Julian Holzinger.

Gaswärmepumpen decken Grundlast

Die gewählte Heizsystemlösung ist in beiden Gebäuden identisch. Das regenerative Hybridsystem sorgt dafür, dass Wärme und warmes Wasser effizient und möglichst umweltschonend bereitgestellt werden. In beiden Gebäuden deckt eine Gaswärmepumpenkaskade Logatherm GWPL die Grundlast und befüllt die vier jeweils 2.000 l fassenden Pufferspeicher.

Gerade bei größeren Gebäuden sind die Gaswärmepumpen eine geeignete regenerative Alternative. In den beiden Gebäuden von „Hello 18 Wohnen“ müssen insgesamt 7.600 m² Wohnfläche und 200 m² Nutzfläche zuverlässig beheizt und mit Warmwasser versorgt werden. Die Logatherm GWPL verbindet die Energieträger Umweltwärme (Außenluft) und Erdgas miteinander. Für den hohen Warmwasser- und Heizwärmebedarf wurden in jedem Gebäudekomplex zwei Wärmepumpen in Kaskade geschaltet. Sven Schultheis, Geschäftsführer der Heizungsfachfirma Schultheis GmbH aus Fulda, freut sich besonders über die unkomplizierte Installation: „Die Kaskade war bereits vorinstalliert und verrohrt, dadurch konnten wir einiges an Arbeitszeit sparen.“

Die Logatherm GWPL reduziert den CO2-Ausstoß um bis zu 49 % im Vergleich zu konventionellen Wärmeerzeugern und erreicht einen hohen Wirkungsgrad von bis zu 164 %. Die maximale Vorlauftemperatur der Hybrid-Wärmepumpe beträgt im Heizbetrieb 65 °C und im Warmwasserbetrieb 70 °C. „Mit dieser Lösung können wir die Anforderungen in den Wohngebäuden sehr gut erfüllen. Die für den Wärmepumpenbetrieb zulässigen Mindest- und Höchsttemperaturen der Außenluft liegen im Bereich von minus 20 °C bis plus 45 °C, der Modulationsbereich zwischen 50 und 100 Prozent“, erklärt Tobias Ganß, Außendienstmitarbeiter der Buderus Niederlassung Würzburg.

Solarthermieanlage mit 50 Kollektoren

Die Gaswärmepumpenkaskade wird unterstützt durch jeweils eine Solarthermieanlage mit 50 Logasol Flachkollektormodulen im Hochleistungsbereich auf den beiden Gebäudedächern. Sie dient zur Trinkwassererwärmung wie auch zur Heizungsunterstützung. Mit einer Brutto-Kollektorfläche von je 127,5 m² nutzt das Hybridsystem die kostenlos zur Verfügung stehende Energie der Sonne. Die Kollektoren sind auf den Flachdächern mit einem Aufstellwinkel von 35 ° nach Süden ausgerichtet und damit optimal eingestellt für besonders effiziente Leistungen. Dazu mussten die einzelnen Module lediglich auf vorgefertigten Rahmen befestigt werden. Buderus unterstützt die Handwerkspartner bei der Montage zudem durch ein komfortables Anschlussprinzip. Thorsten Thierbach, Projektmanager Technischer Systemvertrieb: „Die Kollektoren sind durch Edelstahl-Steckverbinder miteinander verbunden. Die Wanne aus Fiberglas wirkt sich günstig auf das Gewicht und somit den Transport aus.“

Der Aluminium-Vollflächenabsorber mit seiner hochselektiven Beschichtung erzielt hohe Ertragswerte. Mit bis zu 92 % besitzt das hochwertige, leicht strukturierte Solar-Sicherheitsglas eine sehr hohe Lichttransmission und setzt die auftreffende Sonnenstrahlung nahezu komplett in Wärme um. Eine technische Besonderheit ist der Doppelmäander auf der Rückseite des Absorbers: Die zwei parallelen, mehrfach S-förmigen Rohre übertragen die Wärme auch bei geringen Volumenströmen gut auf das Solar-Fluid.

„Mit diesem System erreichen wir beim Jahreswärmeverbrauch für die Trinkwassererwärmung einen Deckungsgrad von rund 39 Prozent“, betont Thierbach. Die Deckungsrate zur Trinkwassererwärmung und Heizungsunterstützung liegt bei etwa 12 %. Durch die niedrige Vorlauftemperatur von 35/28 °C für die Fußbodenheizung kann die gewonnene Sonnenenergie in der Übergangszeit optimal in das Heizsystem eingebunden werden.

 

 

Gasbrennwertkessel Logano plus KB372 deckt Spitzenlast

Erst wenn diese Leistung der Gaswärmepumpen und der Solarthermieanlage den Bedarf nicht mehr decken kann, schaltet der Gasbrennwertkessel Logano plus KB372 mit 300 kW zu.

Ein optimierter Wärmetauscher und ein durchdachtes Kesselkonzept mit einem geringen wasserseitigen Widerstand von lediglich 50 mbar bei Delta T15K, das eine schnelle und unkomplizierte Integration in nahezu jedes Heizsystem möglich macht, zeichnen diesen Kessel aus. „Wir konnten ihn ohne besondere Zusatzmaßnahmen installieren, mussten lediglich Vor- und Rücklauf anschließen“, unterstreicht Heizungsfachmann Sven Schultheis. Die Vorlauftemperatur liegt bei bis zu 95 °C.

Für eine hohe Effizienz sorgt der Gasvormischbrenner mit einem Modulationsbereich von 1:6 und der Hochleistungs-Alugusswärmetauscher, der Wärme sehr gut überträgt. Ein großer Vorteil für die Mitarbeiter der Heizungsfachfirma Schultheis war, dass sich viele Teile wie der Brenner oder die Befestigungstraversen für die Kesselverkleidung schnell demontieren ließen. Dadurch reduzierte sich das Gewicht.

Hydraulikinstallation nach dem Baukastenprinzip

Die hydraulische Installation erfolgte mit dem Master Energy Control – Hydraulik System Module. Dieses montagefreundliche, modular aufgebaute Energie- und Speichermanagement eignet sich für Heizungsanlagen im mittleren und größeren Leistungsbereich. Das Hydraulikmodul besteht aus Heizkreis-, Unterverteilungs- und Systemmodulen sowie dem Warmwassermodul. Pumpen, Ventile, Fühler und alle weiteren wichtigen Komponenten sind bereits verbaut und im Klemmkasten vorverdrahtet. „Mit dem vorgefertigten, nach EnEV gedämmten Hydraulikmodul ging die Installation deshalb sehr schnell“, betont Tobias Ganß. Das Hydraulikmodul ermöglicht eine homogene Betriebsweise und hilft, die Energiekosten zu senken.

In jedem Gebäude von „Hello 18 Wohnen“ wurde ein Modul für einen gemischten Heizkreis, ein Pufferlademodul und ein Puffermanagementmodul installiert. Hinzu kamen Hydraulikmodule für die Integration der Pufferspeicher. Weil die Hydraulikmodule vorverdrahtet sind, mussten die Monteure der Heizungsfachfirma die Modulklemmkästen nur als Ganzes jeweils elektrisch an das Regelgerät anschließen. „Das Hydraulikmodul bindet Wärmeerzeuger optimal ein und trägt so dazu bei, dass Kesseltaktungen reduziert und die modulierende Betriebsweise optimiert werden. Das ermöglicht eine homogene Betriebsweise des Heizsystems und hilft, die Energiekosten zu senken“, sagt Thorsten Thierbach. Die Trinkwassererwärmung erfolgt dezentral in Wohnungsübergabestationen.

Steuerungszentrale für das Energiemanagement

Die Steuerungszentrale des Heizsystems befindet sich in einem Schaltschrank, den Helmut Becker, Projektmanager technischer Systemvertrieb für Großanlagensysteme Regelungstechnik im Buderus Vertriebsbereich Mitte, speziell für dieses Objekt plante. „Das System kann über einen 15-Zoll-Touch-Monitor direkt an der Anlage oder über Fernwirktechnik bedient werden“, betont er. So hat der Betreiber die Möglichkeit, via Internet Verläufe einzusehen und bequem Parameter im Heizsystem zu ändern.

Eingebaut sind die Heizsysteme der beiden Neubauten von „Hello 18 Wohnen“ jeweils in einer Dachheizzentrale. Mit einem Kran wurden die einzelnen Komponenten auf die Flachdächer gehievt. „Solch eine Anlage installieren wir nicht alle Tage, aber im Grunde ist diese Größenordnung schon unsere Spezialität“, sagt Heizungsfachmann Sven Schultheis.

Hochwertige Ausstattung

Die Wohnungen in den beiden achtgeschossigen Gebäuden von „Hello 18 Wohnen“ bieten hohen Komfort – unter anderem mit elektrischen Rollläden und Fußbodenheizung. Ebenso anspruchsvoll waren die Anforderungen des Investors an die Wärmeerzeugung. „Das Heizsystem mit einer regenerativen Komponente erfüllt diese Vorgaben sehr gut“, sagt Jens Jost, Projektleiter des Generalunternehmers Lupp GmbH. Inzwischen wurden die beiden 2019 fertiggestellten Wohn- und Geschäftshäuser an den Käufer, die Bayerische Versorgungskammer, übergeben.

Eine Information der Bosch Thermotechnik GmbH, Wetzlar

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· Artikel im Heft ·

Hybrides Heizsystem für Wohn- und Geschäftshäuser
Seite 69 bis 71
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