Holzpellets statt Öl

Monovalentes Wärmenetz spart Investitionskosten

2019 wurde bei der Michael-Gemeinschaft e. V., einer Jugendhilfeeinrichtung im Landkreis Lörrach, von Öl auf Holzpellets umgestellt. Seither heizt die Einrichtung für rund 50 Bewohnerinnen und Bewohner drei Gebäude mit Holzpellets über ein monovalentes Nahwärmenetz, d. h. mit nur einem Energieträger und mit nur einem Heizsystem.

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Die Michael-Gemeinschaft e. V., eine Jugendhilfeeinrichtung im Landkreis Lörrach, wurde 2019 von Öl auf Holzpellets umgestellt. Hinten das Bestandsgebäude, links der Neubau mit Saal. Im Hang hinter der Natursteinmauer ist das Pelletlager integriert. Bild: König
Die Michael-Gemeinschaft e. V., eine Jugendhilfeeinrichtung im Landkreis Lörrach, wurde 2019 von Öl auf Holzpellets umgestellt. Hinten das Bestandsgebäude, links der Neubau mit Saal. Im Hang hinter der Natursteinmauer ist das Pelletlager integriert. Bild: König

Bis zum Umbau liefen für zwei Häuser zwei Ölheizungen parallel. Im Zuge der Erweiterung um einen Saal, mehrere Werkstätten und Büro- sowie Nebenräume wurde umgedacht, das System ausgetauscht und dabei auch für Spitzenbedarf, Betriebsstörung oder Wartung kein zweiter Heizungskessel mehr vorgesehen. Der Betrieb mit nur einem Heizsystem ist bei dieser Größe und exponierten geografischen Lage in 780 m Höhe auf der Schweigmatt durchaus ungewöhnlich und schien riskant zu sein. Doch nach zwei Heizperioden stellt sich heraus: Es funktioniert!

Bauteil: Produktabmessungen erleichtern Transport

Auch beim neuen Brennstofflager für Holzpellets entschied sich die Bauherrschaft für etwas Besonderes: einen Behälter aus Betonfertigteilen mit annähernd ovaler Grundfläche und automatischer Entnahmetechnik.

Befahrbarer Ovalbehälter für Holzpellets aus Stahlbetonfertigteilen, hier beim Versetzen vom Lieferfahrzeug in das Hanggelände. Das Pelletlager hat ein nutzbares Volumen von 30 m³, dies entspricht 19,5 t Holzpellets. Bild: Mall

Er wurde so im Hanggelände integriert, dass darunter kaum Aushub erforderlich war und darüber eine befahrbare Fläche vor dem neuen Saal entstand. Im Hinblick auf Platzbedarf und Transportkosten ist der Ovalbehälter eine optimierte Speichervariante bisheriger Typen des Herstellers Mall. Denn mit reduziertem Gewicht und einer für Lkw-Transporte verbesserten Geometrie verringern sich der Aufwand von Material und Energie bei der Herstellung sowie die Zahl der Fahrten bei der Lieferung der Fertigteile, aus denen der Behälter besteht. Das war bei dieser abgelegenen Baustelle ein großer Vorteil. Denn wer die Hauptstraße zwischen Schopfheim und Feldberg verlässt und mit dem Auto nach 20 Minuten in der Streusiedlung auf der Schweigmatt ankommt, ist nicht mehr im, sondern auf dem Schwarzwald. Die Strecke wird enger und steiler, in den Kurven zunehmend winkelig und unübersichtlich. Das größte Einzelteil der Lieferung hat 8,00 m Länge, 2,48 m Breite sowie rund 22 t Gewicht. Trotzdem hat es weder Überbreite noch Übergewicht, daher erfolgt der Transport preiswert und ohne Sondergenehmigung zum Einbauort. In der Folge verbessert sich die Ökobilanz und der Preis des Pelletspeichers.

Pelletlager aus Stahlbetonfertigteilen. Lieferung der befahrbaren Abdeckplatte für den Ovalbehälter mit 8,00 m Länge und 2,48 m Breite. Die Schachthälse der drei runden Befüllöffnungen und des rechteckigen Einstiegs sind integriert. Bild: Mall

Projektdaten Pelletspeicher

Herstellung + Montage: Mall GmbH, Donaueschingen

Typ + Fassungsvermögen: Mall-ThermoPel 30000, 30 m3 bzw. 19,5 t mit Abdeckung einer der drei Befüllöffnungen in BEGU Kl. B befahrbar

Entnahmesystem: pneumatische Saugtechnik Mall-Maulwurf 6000-E3

Betriebsweise: Aus der Not eine Tugend gemacht

Die letzten Kilometer dieser Strecke bedeuten auch eine erschwerte Lieferung von Holzpellets durch die üblicherweise großen Tankfahrzeuge, insbesondere im Winter nach heftigem Schneefall. Ein Brennstoffvorrat von drei Monaten wäre in den Hochlagen des Schwarzwalds wünschenswert, doch der gewählte Speicher fasst nur halb so viel. Eine bivalente Heizung mit zusätzlichem Kessel und alternativem Brennstoff für den Notfall scheint gerade unter diesen Voraussetzungen zwingend, ist aber nicht vorhanden. Der Einrichtungsleiter Falk Stein übernahm die Geschäftsführung zu einem Zeitpunkt, als die Weichen schon gestellt waren und wegen des Baufortschritts eine Umkehr nicht mehr möglich war, stellt aber fest: „Nach zwei Heizperioden sehe ich die Situation nicht mehr so kritisch. Wir hatten in den zurückliegenden Winterperioden Glück mit dem Wetter. Wir haben uns aber mittlerweile auch abgesichert.“

So vereinbarte er vertraglich, dass ein benachbarter Heizungsbauer im Notfall innerhalb von zwölf Stunden eine bei diesem bereitstehende mobile Heizzentrale installiert. Außerdem wurde für den Fall, dass sich die Brennstofflieferung z. B. durch starken Schneefall verzögert, ein Pelletvorrat mit Sackware angelegt. Eine weitere Option wäre, das Nahwärmenetz mit seinen Pufferspeichern kurzzeitig elektrisch auf die erforderliche Temperatur zu bringen – mit Hilfe des im Heizraum vorhandenen Starkstromanschlusses.

Nur kurz nach Aufnahme seiner Tätigkeit wurde Stein während der Baumaßnahmen mit einem weiteren ungewöhnlichen Detail konfrontiert: Für einen Heizkreis mit großem Bedarf, weit vom Heizraum entfernt, waren Leitungen mit zu geringem Durchmesser verlegt worden. Deshalb werden heute nur zwei der drei Heizkreise am Pufferspeicher im Heizraum witterungsgeführt geregelt und der dritte, weiter entfernte, erst vor Ort. Nun reicht die Leitungskapazität, denn es fließt bis zum Regler nur ein geringer Volumenstrom, allerdings mit hoher Temperatur.

Wartung: Durch externe Hilfe die Sicherheit erhöht

Aus heutiger Sicht ist die Ausführung der Heiztechnik außergewöhnlich, aber nicht riskant. „Fahrlässig handelt, wer Risiken leichtfertig eingeht. Das haben wir nicht getan“, meint Stein. „Es waren wohl Planungsfehler, die vor meiner Zeit passiert sind. Aber aktuell sehe ich auch die daraus erwachsenen Vorteile“. Die bivalente Betriebsweise der Heizung hätte Kapital gebunden und an mehreren Stellen Platz gebraucht, für einen zweiten Kessel und ein zweites Brennstofflager. Ein angemessen großer Pelletspeicher wäre weniger gut in den Hang zwischen den Gebäuden integrierbar gewesen. Auch hier wurden Investitionskosten gespart und Platz gewonnen. Doch braucht es auch das Glück, einen Heizungsbaufachbetrieb in der Nachbarschaft zu haben, der Wartung und Notfallgarantien bietet, obwohl er beim Bau der Heizung nicht beteiligt wurde.

Entnahmesystem „Maulwurf“, vom Team des Speicherherstellers einschließlich Steuergerät geliefert, montiert und in Betrieb genommen. Bei Brennstoffbedarf geht der elektrische Impuls des Kessels gleichzeitig an Saugturbine und Entnahmesystem. Bild: Mall

Weitere Dienstleistungen, die Geschäftsführer Stein gern delegierte, sind die Inspektion, Wartung und Instandhaltung des Pelletlagers samt Entnahmeeinrichtung. Gemäß DIN EN ISO 20023 soll nach fünf Lieferungen bzw. alle zwei Jahre das Lager vollständig entleert und von Feinanteilen gereinigt werden. Dafür sind die Pelletlieferanten zuständig und mit entsprechender Technik ausgestattet. Alles andere macht der Hersteller des Speicherbehälters. Clemens Hüttinger von Mall erklärt dazu: „Wenn der Kunde es so organisieren kann und er das wünscht, führen wir, bevor der Speicher neu befüllt wird, am gleichen Tag die Wartung durch“.

Energiebedarf: Die Wärme beim Lüften zurückholen

Einige Lager- und Hauswirtschaftsräume der neuen Gebäudeteile, meist hangaufwärts ohne Fenster und damit ohne natürliche Belichtung und Belüftung, werden durch ein automatisch funktionierendes Zu- und Abluftsystem so versorgt, dass im Winter ein Kreuzstromwärmetauscher mit der Wärme aus der Fortluft die (von außen zuströmende) Außenluft vorheizt. Im Hochsommer, wenn es außen heiß ist und die Innenräume nordseitig am Hang auch tagsüber relativ kühl bleiben, funktioniert das System umgekehrt als Kühlung der Außenluft. Das Prinzip ist einfach und damit preiswert in Anschaffung und Betrieb. Laut Geschäftsführer Stein ist es dennoch wirksam, denn es senkt den Jahresheizendenergiebedarf dauerhaft.

Damit nicht jeder der Nebenräume einen Wärmetauscher braucht, wird die Fortluft bevorzugt oberhalb der Abwärme verursachenden Geräte wie Waschmaschinen, Eistruhen und Kühlschränken abgesaugt und auf kurzem Weg zum Wärmetauscher geführt. Die dort vorgewärmte Außenluft wird nur den benachbarten Räumen zugeführt und strömt unter den (zum Boden hin nicht abgedichteten) Verbindungstüren zurück. „Ein weiteres Teil im großen Puzzle, das die Reduzierung des Wärmebedarfs in unserer Einrichtung darstellt“, meint Stein. „Doch dieses Teil kostet uns elektrische Energie. Und auch diese gilt es zu kompensieren“. Folgerichtig ist er nun dabei, auf den nach Süden ausgerichteten Dachflächen Photovoltaik mit 30 kWp für den Eigenbedarf der Einrichtung und der elektrischen Fahrzeugflotte zu planen.

Eine Information der Mall GmbH, Donaueschingen

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· Artikel im Heft ·

Monovalentes Wärmenetz spart Investitionskosten
Seite 73 bis 75
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