Kühlen mit Wärmepumpen

Nachfrage steigt, Angebote sind vielseitig

Nach den Hitzewellen der Sommer in den vergangenen Jahren und den zu erwartenden steigenden Temperaturen ist die Nachfrage nach Wärmepumpen, die ein Gebäude auch kühlen können, enorm gestiegen. Die Hersteller haben sich darauf eingestellt – bis zu 80 % der modernen Anlagen sind reversibel. Aber auch die Möglichkeiten passiver Kühlung spielen eine immer größere Rolle. Im Gewerbebereich sind zudem Modelle gefragt, die gleichzeitig heizen und kühlen können.
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Sinnvoller Doppelnutzen: Heiz- und Kühlfunktion bei Wärmepumpen am Modell einer Lösung mit Erdsonden Bild: BWP
Sinnvoller Doppelnutzen: Heiz- und Kühlfunktion bei Wärmepumpen am Modell einer Lösung mit Erdsonden Bild: BWP

Komfort und Wohlfühlfaktor

Heizung und Klimatisierung bestimmen einen großen Teil des „Wohlfühlfaktors“ des Menschen nicht nur im Wohnraum, sondern auch im Büro. In Bezug auf die thermische Behaglichkeit machen sich vor allem folgende Größen bemerkbar: Raumlufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftgeschwindigkeit und Turbulenzgrad, die Oberflächentemperaturen der umgebenden Wände sowie außerdem der Aktivitätsgrad und die Bekleidung der Menschen im Gebäude.

Für behagliche Temperaturen in warmen Monaten wird die Raumluft gekühlt und ggf. auch entfeuchtet. Hierbei sollten bei einer Wärmepumpenlösung Temperaturunterschiede zwischen Außen- und Raumlufttemperatur von mehr als 5 K möglichst vermieden werden. Die Kühlung mittels Wärmepumpen erfolgt meist über Flächenkühlsysteme: Fußboden- oder Wandheizung, Kühldecken und Betonkerntemperierung. Eine Entfeuchtung ist nur bei der Verwendung von Ventilatorkonvektoren möglich.

Bei den Flächenkühlsystemen muss über eine Taupunktregelung verhindert werden, dass die Taupunkttemperatur auf den Oberflächen unterschritten wird.

In modernen gut gedämmten Wohngebäuden ist auf den sommerlichen Wärmeschutz ein besonderes Augenmerk zu richten. Es kann leicht passieren, dass Wohnungen wegen mangelnder Verschattung überhitzen.

Aber auch beim Heizungstausch im Bestand ist die Option einer Kühlfunktion der Wärmepumpe von Vorteil: Denn je nach Baujahr, Gebäudehülle, Fenstern und Dachdämmung heizen sich die Räume im Sommer schnell auf und eine Kombilösung für das Heizen und Kühlen bietet sich an.

Kühllast

Mit Kühllast wird der Wärmestrom bezeichnet, der aus einem Raum oder einem Gebäude abgeführt werden muss, um den gewünschten Zustand der Raumlufttemperatur zu erhalten. Die Haupteinflussfaktoren auf die Kühllast sind:

  • Sonneneinstrahlung und Transmission (äußere Faktoren)
  • Wärmeabgabe von Personen, Geräten und Beleuchtung (innere Faktoren)
  • ggf. auch Stoffströme, z. B. Außenluftanteile bei Fugenlüftung oder Lüftungsanlagen.

Die Berechnung der Kühllast sollte möglichst genau ausgeführt werden. Hierzu bietet sich das Verfahren nach VDI 2078 an. Überschlägige Verfahren sollten allenfalls für erste grobe Abschätzungen verwendet werden.

Aktive und passive Kühlung

Grundsätzlich müssen zwei unterschiedliche Methoden der Kühlung mit Wärmepumpen unterschieden werden – die aktive Kühlung, bei der der Verdichter der Wärmepumpe in Betrieb ist und die passive Kühlung, bei der direkt die Wärmequelle genutzt wird. Bei der passiven Kühlung können daher nur Wärmequellen mit einer relativ niedrigen Temperatur – also Erde und Grundwasser – genutzt werden. Im Fall der aktiven Kühlung ist es erforderlich, dass der Kältekreis der Wärmepumpe reversibel ist; möglich ist dies bei sämtlichen Wärmequellen.

Passive Kühlung

Das Erdreich, das den Sole/Wasser-Wärmepumpen als Wärmequelle dient, hat in Tiefen von mehr als 8 m ganzjährig eine Temperatur von etwa 9 bis 10 °C. Damit ist es nicht nur während der Heizsaison eine hervorragende Wärmequelle, sondern auch im Sommer eine ausgezeichnete „Kältequelle“. Ähnlich verhält es sich mit dem Grundwasser, dessen Temperatur im Sommer ebenfalls deutlich unter den gewünschten Raumtemperaturen liegt. Mit diesen Wärmequellenanlagen kann auf einfache Art direkt für die Kühlung der Gebäude gesorgt werden.

Notwendig ist dafür ein zusätzlicher Plattenwärmeübertrager. Mit dessen Hilfe wird die Wärme, die den Räumen über die Heiz- bzw. Kühlflächen entzogen wurde, auf den Quellenkreislauf übertragen. Die Wärme wird anschließend über die Erdwärmesonde oder den Schluckbrunnen an das Erdreich bzw. Grundwasser abgegeben. Mit Soletemperaturen von 15 °C können Kaltwassertemperaturen von etwa 17 °C erreicht werden. Aufgrund der geringen Temperaturdifferenzen bei der Kühlung sind größere Massenströme notwendig als bei der Heizung. Da der Verdichter der Wärmepumpe nicht in Betrieb ist, wird von passiver Kühlung oder „natural cooling“ gesprochen. Notwendig ist neben dem zusätzlichen Plattenwärmeübertrager noch ein soleseitiges Umschaltventil. Bei Sole/Wasser-Wärmepumpen mit Erdsonden ist die passive Kühlung meist ausreichend.

Die Nachrüstung einer bestehenden Wärmepumpenanlage ist möglich, wenn die Regelung der Wärmepumpe über die so genannte „natural cooling“-Funktion verfügt (was mittlerweile bei den meisten Sole/Wasser- und Wasser/Wasser-Wärmepumpen der Fall ist). Die „natural cooling“-Funktion kann dann mit wenigen zusätzlichen Komponenten (Wärmeübertrager, 3-Wege-Ventile und ggf. Umwälzpumpe) aktiviert werden. Zur Nachrüstung bieten einige Hersteller Module an, die ab Werk alle Komponenten enthalten und vom Heizungsfachmann unkompliziert eingebaut werden können.

Andernfalls besteht die Möglichkeit der energieintensiveren aktiven Kühlung, möglicherweise genügt aber auch eine „Ankühlung“, also eine Kühlung, die in einigen Fällen etwas weniger als die erforderliche Kühlleistung zur Verfügung stellt.

Aktive Kühlung

Sowohl Erd- und Grundwasser-Wärmepumpen als auch Wärmepumpen, die die Außenluft als Energiequelle nutzen, lassen sich zur aktiven Kühlung („active cooling“) einsetzen. Dabei wird die Funktionsweise der Wärmepumpen einfach umgekehrt. Wie ein Kühlschrank erzeugen sie dann aktiv Kälte. Wegen des aktiven Einsatzes der Wärmepumpe ist „active cooling“ besonders wirkungsvoll.

Sole/Wasser- und Wasser/Wasser-Wärmepumpen von verschiedenen Herstellern können für die aktive Kühlung nachgerüstet werden. Bauseitig sind, wie beim „natural cooling“, Systeme erforderlich, mit denen sich die Raumwärme abtransportieren lässt.

Im Kühlfall wird der Kältekreislauf der Wärmepumpe so umgekehrt, dass Wärmequelle und Wärmesenke getauscht werden. Die Umschaltung zwischen Heiz- und Kühlbetrieb kann außerhalb der Wärmepumpe erfolgen oder über ein 4-Wege-Umschaltventil im Kältekreislauf. Letzteres ist bei Luft/Wasser-Wärmepumpen üblich. Der Verdichter arbeitet unverändert, das Ventil dreht die Flussrichtung des Kältemittels um: Der Luft-Kältemittel-Wärmeübertrager wird dann zum Verflüssiger, der Kältemittel-Wasser-Wärmeübertrager zum Verdampfer. So erfolgt eine Abkühlung des zirkulierenden Heizkreiswassers. Die aus den Räumen extrahierte Wärme kann abgeführt werden (in Sonden, Kollektoren, Grundwasser oder an die Außenluft) oder sie wird energiesparend genutzt. Zum Beispiel zur Trinkwassererwärmung oder zum Heizen eines Schwimmbads. So können Kühl- und Heizfunktion äußerst effektiv miteinander verbunden werden.

Kühlflächen

Neben Flächenheizungssystemen bieten sich als Kühlflächen für wassergeführte Kälteanlagen auch Gebläsekonvektoren an. Mit diesen ist eine Entfeuchtung der Raumluft möglich, allerdings muss eine Kondenswasserableitung mitgeplant werden. Da die Unterschreitung der Taupunkttemperatur damit kein Problem darstellt, können die Gebläsekonvektoren mit niedrigeren Kaltwassertemperaturen als Flächenkühlsysteme betrieben werden. Bei der Auslegung sind die jeweiligen Erfordernisse für Heizung und Kühlung zu beachten.

Bei der Kühlung über die Wand- oder die Fußbodenfläche muss unbedingt die Unterschreitung des Taupunkts der Raumluft vermieden werden, da sonst Wasserdampf auf der Kühlfläche kondensieren kann. Zur Vermeidung der Kondensatbildung werden üblicherweise ein Raumtemperatur- und ein Feuchtefühler eingesetzt, die an den Wärmepumpenregler angeschlossen sind. Der Regler kann damit die minimal zulässige Kaltwassertemperatur berechnen. Eine Entfeuchtung der Raumluft findet hier nicht statt. Da die relative Luftfeuchte bei sinkender Temperatur steigt, kann sich dies negativ auf die Behaglichkeit auswirken. Unter bestimmten Bedingungen kann die Kühlleistung durch die Gefahr der Taupunktunterschreitung begrenzt sein.

Bei Verwendung der Fußbodenheizung als Kühlsystem kann eine Kühlleistung von etwa 25 W/m² übertragen werden. Dies entspricht unter Umständen nur der Hälfte oder einem Viertel der Kühllast. Aufgrund der relativ hohen Oberflächentemperaturen ist nicht mit kalten Füßen zu rechnen. Bei der Kühlung über Wandflächen kann eine etwas höhere Kälteleistung übertragen werden, da sowohl die Wärmeübertagung durch Strahlung als auch die durch Konvektion höher ist.

Planung und Auslegung

Normativ gibt es derzeit wenige Grundlagen für wassergeführte Kälteanlagen. Der Entwurf einer Planungsnorm für wasserbasierte Kühlsysteme wurde in einem europäischen Normungsausschuss (CEN/TC 228) erarbeitet. Folgende Punkte sollten Gegenstand der Planung sein:

  • Bei der Kühlung ist eine möglichst genaue Kühllastberechnung, z. B. nach VDI 2078 durchzuführen.
  • Die Auslegung der Kälteerzeuger kann für unterschiedliche Zwecke erfolgen: Kühlung oder nur Ankühlung.
  • Ggf. ist zu entscheiden, ob aktive Kühlung, passive Kühlung oder beides eingesetzt werden soll.
  • Bei gemeinsamer Nutzung zur Heizung und Kühlung ist besonderes Augenmerk auf die bei der Kühlung größeren erforderlichen Volumenströme gegenüber Heizungsanlagen zu richten.
  • Verwendung kühlgeeigneter Komponenten (Pumpen, Ventile)
  • Auslegung der Heizflächen für Kühlung oder Ankühlung
  • Berücksichtigung der gemeinsamen Verwendung für Heizung und Kühlung
  • Kondensatvermeidung bzw. Kondensatabfuhr
  • Taupunktregelung, wenn erforderlich
  • umgekehrte Regelung im Kühlfall gegenüber dem Heizfall
  • Wärmedämmung: besondere Anforderungen an Kälteleitungen (Diffusionsdichtigkeit).

Verbrauchs- und Investitionskosten, attraktive Förderung

Verglichen mit der traditionellen Kühlung über Split-Klimageräte, Kaltwassersätze oder VRF-Systeme ist die Kühlung über Wärmepumpen relativ preiswert. Bei passiver Kühlung eines Bürogebäudes können bis zu 80 % der Kühlkosten gespart werden, bei aktiver Kühlung immerhin ca. 20 %.

Im Rahmen der seit 2020 geltenden neuen Förderbedingungen für erneuerbare Heizungssysteme sind auch Wärmepumpen mit Kühloptionen förderfähig. Herkömmliche Klimageräte werden nicht staatlich gefördert – auch deshalb entscheiden sich Bauherren und Modernisierer zunehmend für Geräte mit aktiver oder zumindest passiver Kühlfunktion. Beim Einbau einer umweltschonenden Wärmepumpe übernimmt der Staat mit dem Marktanreizprogramm 35 % der Investitionssumme, beim Austausch einer alten Ölheizung sogar 45 %. Bei der Heizungsmodernisierung werden auch Umfeldmaßnahmen (z. B. der Umbau der Wärmeverteilung auf Flächenheizungen) mit gefördert. Alles zum Thema Förderung von Wärmepumpen finden Sie hier: www.waermepumpe.de/foerderung.

Paralleles Heizen und Kühlen: Prinzip Gegenstrom

Anlagen, die gleichzeitig heizen und kühlen, sind insbesondere für die gewerbliche Nutzung gefragt. Ein Beispiel liefert Viessmann seit diesem Jahr mit dem Luft-Wasser-Gerät Vitocal 300 A Plus, das gleichzeitig Heizen und Kühlen kann und zudem ein natürliches Kältemittel nutzt. Durch die patentierte Verschaltung der Wärmetauscher kann das Kühlen und Heizen im laufenden Betrieb parallel durchgeführt werden. Verflüssiger und Verdampfer der neuen Wärmepumpe arbeiten stets im Gegenstrom, im Sommer wie im Winter. Dadurch entsteht beim Heizen und Kühlen ein sehr hoher kombinierter COP (Coefficient of Performance) von 10 (nach EN 14511, bei A7/W35 °C). Das verwendete, natürliche Kältemittel R290 (Propan) mit seinem sehr niedrigen Treibhauspotenzial (Global Warming Potential) GWP=3 ist besonders klimaschonend. Mit vier Leistungsgrößen von 79 bis 316 kW Heiz- bzw. 77 bis 307 kW Kühlleistung erfüllt die in Serie gefertigte Großwärmepumpe die Anforderungen für große Wohngebäude, Quartiere, Gewerbe und Industrie. Höhere Leistungen bis 1.264 kW (Heizen) bzw. 1.228 kW (Kühlen) können durch die Kaskadierung von bis zu vier Geräten erzielt werden.

Katja Weinhold

Katja Weinhold
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