Warmwasserkühlung für Höchstleistungsrechner

Rechenzentren verbrauchen weltweit mehr als 2 % der erzeugten elektrischen Energie, einhergehend mit den entsprechenden Treibhausgasemissionen. Prognosen zufolge wird ihre Zahl in den kommenden Jahren weiter steigen. Gefragt sind daher Lösungen, die Stromverbrauch und Emissionen spürbar reduzieren. Wie dies gelingen kann, zeigt der Höchstleistungsrechner SuperMUC-NG.

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Enorme, wärmeerzeugende Rechenleistungen: Der Höchstleistungsrechner SuperMUC-NG am Leibniz-Rechenzentrum in Garching verbraucht bis zu 4 MW Strom. Die Adsorptionskälteanlage sorgt für eine wirksame und möglichst energiesparende Kühlung. Bild: Fahrenheit GmbH
Enorme, wärmeerzeugende Rechenleistungen: Der Höchstleistungsrechner SuperMUC-NG am Leibniz-Rechenzentrum in Garching verbraucht bis zu 4 MW Strom. Die Adsorptionskälteanlage sorgt für eine wirksame und möglichst energiesparende Kühlung. Bild: Fahrenheit GmbH

Klimaschutz und steigende Energiepreise machen die Steigerung der Energieeffizienz zum zentralen Thema für alle heutigen IT-Anwendungen. Große Rechenanlagen können unter dem Stichwort „Green IT“ Pionierarbeit leisten, indem sie kostengünstig und zugleich ressourcenschonend gekühlt werden. Laut dem Netzwerk energieeffiziente Rechenzentren NeRZ werden in deutschen Rechenzentren aktuell mehr als 13 Mrd. kWh Strom pro Jahr in Wärme umgewandelt, die anschließend ungenutzt an die Umgebung abgegeben wird. Gleichzeitig erhöht die steigende Leistungsdichte in Rechenzentren die Anforderungen an Kühlsysteme. Laut einer Studie des Borderstep Instituts stieg der Energiebedarf der hiesigen Rechenzentren im Vergleich zum Jahr 2010 um über 40 % an.

Ein sehr energiehungriger Hochleistungsrechner ist der am Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Garching installierte Supercomputer SuperMUC-NG von Intel Lenovo. Er verbraucht bis zu 4 MW Strom, verbessert aber mit seiner enormen Rechenleistung unter anderem unser Verständnis des Universums, des Klimawandels und der Auswirkung von Medikamenten. Zugleich erzeugt er dabei auch jede Menge Wärme und bedarf deshalb einer wirksamen und möglichst energiesparenden Kühlung.

Einen wichtigen Beitrag dazu leistet eine Adsorptionskältemaschine, die die von den Prozessoren produzierte Wärme in Kälte für die Kühlung umwandelt. Mit einer Leistung von über 600 kW gehört sie zu den aktuell größten Adsorptionskälteanlagen in Europa. Durch diese Wärmerückgewinnung optimiert die Kühlinfrastruktur des Rechners die Effizienz. Das spart Strom und reduziert die CO2-Emissionen deutlich. Im Bereich des High Performance Computing (HPC) ist der SuperMUC-NG damit ein Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit.

Die partnerschaftliche Innovation, die gemeinsam mit dem Leibniz-Rechenzetrum implementiert wurde, kombiniert die Fahrenheit Adsorptionstechnologie mit der Lenovo Neptune Technologie. Sie verbessert die Klimabilanz und senkt zugleich die Betriebskosten. „Ich sehe darin ein tolles Beispiel gemeinsamer Innovation mit unseren Kunden, ganz im Sinne der Lenovo From Exascale to Everyscale™-Strategie“, sagt Andreas Thomasch, Director HPC & AI bei Lenovo. Er sei zuversichtlich, dass diese Technologiekombination auch für Kunden im Bereich unter 1 MW eingesetzt werden könne, um das High Performance Computing dauerhaft nachhaltiger zu gestalten.

Kühlung spart Strom

Die direkte, mit einer Kühlleistung von maximal 4 MW Wärme ausgelegte Warmwasserkühlung kühlt die rund 311.000 Prozessorkerne und Arbeitsspeicherriegel von SuperMUC-NG. Dabei steigt die Temperatur der Warmwasserkühlung auf bis zu 55 °C. Diese Abwärme der IT-Systeme kann in der kalten Jahreszeit für die Gebäudeheizung verwendet werden. Darüber hinaus nutzt die Adsorptionsanlage die Wärme des Warmwassers, um Kälte zu produzieren. Damit kühlt sie die erwärmte Luft der verbleibenden luftgekühlten Komponenten mittels wassergekühlter Rücktüren, die als Luft/Wasser-Wärmetauscher arbeiten. Dafür wird Wasser mit einer Temperatur von rund 20 °C sowie eine maximale Kühlleistung von etwa 0,6 Megawatt benötigt. Dieses Wärmerückgewinnungssystem spart bis zu 80 % Strom für die Kühlung gegenüber konventionellen Kühlsystemen. Der Rechner kühlt sich somit selbst, da die vorhandene Wärme der Prozessoren die Produktion von Kaltwasser ermöglicht.

„Computer verbrauchen Strom nicht. Sie wandeln lediglich elektrische Energie in Wärmeenergie um – und das sehr effizient“, sagt Prof. Dr. Dieter Kranzlmüller, Leiter des Leibniz-Rechenzentrums, zu den Vorzügen des Konzepts.„Wir arbeiten am LRZ deshalb schon lange mit Warmwasserkühlung für unsere Supercomputer und sind daran interessiert die dabei entstehende Wärme auch zu nutzen. So können wir unser Rechenzentrum so energieeffizient wie möglich betreiben. Der Einsatz von Adsorptionskältemaschinen ist hierbei ein vielversprechender Ansatz.“

Energieeffizienz senkt CO2-Emissionen

Nur ein sehr geringer Stromanteil geht für die Kühlung des Rechners drauf. SuperMUC-NG erreicht den sehr niedrigen PUE (Power Usage Efficiency)-Wert von 1,08. Nur 8 % des Energieverbrauchs der gesamten Rechnerinfrastruktur benötigen periphere Systeme, der Rest ist die reine Energieaufnahme des Rechners. Die spezielle Kühlinfrastruktur des Höchstleistungsrechners reduziert damit auch die vom Rechner verursachten CO2-Emissionen drastisch. Im Vergleich steht der SuperMUC-NG damit sehr gut da: Im Branchendurchschnitt liegt der PUE-Wert bei 1,67.

Hybridsystem zur Rückkühlung

Die Rückkühlung der Adsorptionsanlage erfolgt durch zwei separate Hybrid-Rückkühler, die trocken oder nass betrieben werden können. Die Nasskühlung sorgt dafür, dass die Rückkühltemperatur durch Verdunstungskühlung niedriger als die Außentemperatur sein kann. Dieses Hybridsystem spart Strom und ermöglicht bei höheren Außentemperaturen den Einsatz eines kleineren Kühlsystems. Im trockenen Betrieb brauchen die Rückkühler kein Wasser. Damit sinkt der Wasserverbrauch des Systems.

Die Technologie ist preisgekrönt: Im Jahr 2018 gewann das Unternehmen mit seinem Konzept zur Adsorptionskälte den Deutschen Rechenzentrumspreis in der Kategorie Klimatisierung & Kühlung.

So funktioniert die Adsorptionskühlung

 

 

Die Adsorptionskälteaggregate arbeiten nach dem Prinzip der Feststoffsorption, Adsorption (lat. (an-)saugen) genannt. Adsorption bezeichnet die Anreicherung von Stoffen (Gase oder Flüssigkeiten) an der Oberfläche eines Festkörpers, dem Adsorbens. In Adsorptionsprozessen wird Wasserdampf vom Sorptionsmaterial (Silikagel oder Zeolith) „angesaugt“ und aufgenommen (adsorbiert), wodurch Wasser verdampft und Kälte erzeugt wird. Ist das Material gesättigt, wird es durch Wärmezufuhr regeneriert. Fahrenheit verwendet als Kältemittel reines Wasser ohne synthetische Kältemittel. Mit den Aggregaten lässt sich ein GWP Global Warming Potential (Treibhauspotenzial) von Null realisieren. Die Vorgaben der EU-Verordnung über fluorierte Treibhausgase (F-Gase Verordnung) werden problemlos eingehalten.

Eine Adsorptionskältemaschine kühlt Wasser ab, das anschließend dazu dient, Räume zu klimatisieren oder beispielsweise Maschinen, Server oder andere Prozesse zu kühlen. Die Besonderheit der Adsorptionskälte ist, dass sie Wärme, wie z. B. Fernwärme oder Maschinenabwärme, anstatt Strom als Hauptantriebsenergie nutzt. So spart die Adsorptionskältemaschine rund 80 % der normalerweise bei einer Klimaanlage beziehungsweise Kältemaschine anfallenden Stromkosten ein.

Axel Banoth

Axel Banoth
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Warmwasserkühlung für Höchstleistungsrechner
Seite 36 bis 37
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