Neues GEG ab 01. November in Kraft

Gebäudeautomation im GEG

Das neue Gebäudeenergiegesetz bleibt hinter den Forderungen der European Performance of Buildings Directive (EPBD) zurück. Welche Änderungen ergeben sich aus dem GEG in Bezug auf die Anforderungen an die Gebäudeautomation? Und welche Konsequenzen sind in naher Zukunft zu erwarten?

Quelle: stock.adobe.com/AndSus
Quelle: stock.adobe.com/AndSus

Von Graham Martin, Chairman und CEO der EnOcean Alliance

Auf den Gebäudebestand entfallen 36% aller CO2-Emmissionen in der EU. Die Energy Performance of Buildings Directive wurde im Mai 2018 verabschiedet und bildet die Grundlage für die Anforderungen an Gebäude, die von den EU-Mitgliedsstaaten in nationales Recht umzusetzen sind. Die EPBD fordert – über Zwischenziele für 2030 und 2040 – den CO2-neutralen Betrieb von Gebäuden bis 2050. So soll etwa bereits bis 2030 eine Reduktion der Emission von Treibhausgasen um 40% im Vergleich zu 1990 erreicht werden. Entsprechend sollen die EU-Mitgliedsstaaten Leitlinien festlegen, messbare Maßnahmen konzipieren und Fördergelder bereitstellen.

GEG schafft gesetzliche Rahmenbedingungen

Für Deutschland legt das GEG sowohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen als auch die entsprechenden Berechnungsverfahren fest. Wie Prof. Dr. Michael Krödel vom Institut für Gebäudetechnik in seinem Whitepaper herausarbeitet, sind im Detail für Nichtwohngebäude (Büros, Verwaltungsgebäude, Einkaufzentren etc.) die Berechnungsverfahren der DINV 18599 anzuwenden. Für Wohngebäude gilt das gleiche, obwohl bis Ende 2023 noch Ausnahmen für ungekühlte Gebäude zulässig sind. Das GEG ist im Wesentlichen die Zusammenlegung der früheren EnEV, des EnEG (Energie-Einsparungsgesetz) und des EEWärmeG (Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz). Schon seit der ersten Version der DINV 18599 wurden dort die Einflüsse von Gebäudezustand und Anlagentechnik berücksichtigt. Im Dezember 2011 wurde diese Norm um einen 11. Teil ergänzt, der den Einflüssen durch die Gebäudeautomation Rechnung trägt. Der entsprechende Inhalt stammt größtenteils aus der Europanorm EN 15232.

GEG und Gebäudeautomation

Was die Anforderungen an Gebäudeautomation angeht, bleibt das nationale Gesetz weit hinter den Vorgabe der EU-Richtlinie zurück. Ein möglicher Grund liegt darin, dass zur Zeit der ersten GEG-Entwürfe die EPBD aus dem Jahr 2010 galt. In dieser war nur ein geringer Anspruch an die Gebäudeautomation enthalten. Obwohl die EPBD 2018 überarbeitet und insbesondere der Anspruch an die Automation deutlich erhöht wurde, bleibt es beim ab November 2020 gültigen GEG zunächst bei wenig Konsequenz für die Gebäudeautomation.

Der Hauptunterschied zwischen GEG und EnEV in Bezug auf die Gebäudeautomation ist, dass nun auch für Wohngebäuden der Automationsgrad erfasst und zur Berechnung des Energieausweises verwendet wird. Bislang war dies nur für Nicht-Wohngebäude der Fall. Das bedeutet: Wer Wohngebäude mit „Smarthome-Funktionen“ – beispielsweise für Heizung, Lüftung oder Verschattung – ausstattet, bekommt dies bei der Erstellung des Energieausweises positiv angerechnet und somit einen „besseren“ Energieausweis. Hierbei muss allerdings die Software zur Erstellung des Energieausweises die Fragen zum Automationsgrad auch enthalten. So ist bei der Auswahl des Programms zur Erstellung des Energieausweises darauf zu achten, dass Aspekte wie „präsenzbasierte Raumtemperaturregelung und kommunikative Anbindung“, „bedarfsgeführte Vorlauftemperaturregelung“, „bedarfsgeführte Lüftungsregelung“ (z.B. auf Basis der Luftqualität) oder auch „zentrales technisches Gebäudemanagement“ (z.B. Sollwerte, Zeitpläne und Regelparameter aller TGA-Komponenten) abgefragt werden. Denn nur wenn der Automationsgrad erfasst wird, kann er positiv berücksichtigt werden.

EPBD stärkt Gebäudeautomation

Die EPBD-Novelle von 2018 richtet den Fokus explizit auf technische Anlagen sowie deren Regelung und Steuerung. Sie stärkt die Bedeutung der Gebäudeautomation und stellt zugleich hohe Anforderungen. So benötigen neue Gebäude eine ausgefeilte Energiekontrolle, um sicherzustellen, dass Wärme und Licht nicht in unbenutzten Bereichen verschwendet werden.

Insbesondere in Bezug zu Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlagen wird betont, dass die tatsächliche Energieeffizienz nur durch regelmäßige Monitoring-Werte beurteilt werden kann, da sich Betriebsbedingungen dynamisch verändern. Für Anlagen mit mehr als 290 kW Leistung wird gefordert, diese bis 2025 mit entsprechenden Gebäudeautomationssystemen auszurüsten. Einführung von Gebäudeautomation und elektronische Überwachung habe sich als wirksamer und in großen Gebäuden kosteneffizientester Ersatz für Inspektionen erwiesen und ermögliche Energieeinsparungen in erheblichem Umfang. Die bisherige Untergrenze für verpflichtende Inspektionen wurde von 12 kW auf 70 kW hochgesetzt, um bei kleineren Anlagen die Überwachung in elektronischer Form zu motivieren. Entsprechende Investitionen könnten sich in weniger als drei Jahren amortisieren. Entsprechend deutlich wird auch die Installation selbstregulierender Einrichtungen zur Einzelraum-Temperaturregelung empfohlen.

Insgesamt erhebt die EPBD 2018 den Anspruch, dass sich Gebäude „intelligent“ an den Bedarf seiner die Nutzer anpassen. Als entsprechende Messgröße soll der so genannte Intelligenzfähigkeitsindikator / Smart Readiness Indicator (SRI) dienen. Erste Vorschläge zur Ermittlung dieses Indikators sind bereits öffentlich verfügbar.

Sensorlösungen als EPBD-Enabler

Kosten für Installation und Wartung der in der EPBD geforderten Automatisierungssysteme können erheblich sein. Mit dem intelligenten Einsatz drahtloser und wartungsfreier Sensoren werden sie um ein Vielfaches überschaubarer. Basis hierfür ist der internationale Funkstandard ISO/IEC 14543-3-X, der für Funklösungen mit besonders niedrigem Energieverbrauch und Energy Harvesting optimiert ist.

So ist in Hinblick auf die „Installation von selbstregulierenden Einrichtungen“ zu beachten, dass Regelkreise Sensoren benötigen. Diese müssen dort installiert werden können, wo die gewünschten Messwerte am besten aufzunehmen sind. Funkbasierte und wartungsfreie Sensoren lassen sich hier zielgerichtet, flexibel und langfristig kostenneutral einsetzen. Was die „Protokollierung der tatsächlichen Energieeffizienz“ von Heizungs- und Klimaanlagen angeht, so gelingt diese nur mit einem intensiven Monitoring. Ein engmaschiges Netz leitungsgebundener Sensoren würde einen erheblichen Aufwand für Verkabelung sowie physikalische und elektrische Montage der Sensoren nach sich ziehen. Funkbasierte Sensoren lassen sich deutlich einfacher planen und installieren. Nicht zuletzt zeigt der „Intelligenzfähigkeitsindikator“ die Richtung an: Gebäude sollen intelligent(er) werden. Hierzu müssen weitaus mehr Messwerte erfasst werden als bislang. Hierzu liefern Sensordaten relevante Informationen für IoT-Systeme in Echtzeit. Werden klassischerweise Taster, Temperatursensoren oder Bewegungsmelder installiert, so geben schon heute Stuhlsensoren Auskunft über die Belegung. Toilettenräume lassen sich auf Basis von Sensordaten nutzungsabhängig warten und reinigen. Noch gibt es keine klaren Anforderungen an Art und Position dieser Sensoren. Flexibilität und Ortsveränderlichkeit sind damit Schlüsselkriterien auf dem Weg zu nachhaltig intelligenten Gebäuden. Nicht zuletzt lassen sich Sensordaten aus verschiedensten Gebäudeteilen auch über bestehende Aruba WiFi-Netzwerke und spezielle USB-Stick-Receiver sammeln. Leichter ist die „Smartifizierung“ von Bestandsimmobilien kaum umzusetzen.

Fazit

Das GEG in seiner aktuellen Version verpasst die Chance, umfassende Anforderungen an Gebäudeautomation gesetzlich zu verankern. Allerdings dürfte es in einer nächsten Überarbeitung nachgebessert werden. Schließlich gilt die EPBD 2018 rechtsverbindlich für alle Mitgliedsstaaten. Es ist eine Frage der Zeit, bis sich die erweiterten Anforderungen an die Automation auch in der deutschen Rechtsprechung wiederfinden. Realistisch wird dies nach der nächsten Bundestagswahl 2021 bzw. in der darauffolgenden Legislaturperiode erfolgen. Es gilt vorbereitet zu sein. Um die Anforderungen an die Automation zu erfüllen, wie sie aktuell in der EPBD und später über zukünftige Verschärfungen des GEG gefordert werden, sollten bei Baumaßnahmen einige Aspekte in Bezug auf die Infrastruktur erfüllt werden. Besonderes Augenmerk kommt hierbei drahtlosen Sensoren und Aktoren und deren Kommunikationsfähigkeit zu. Wird dieser Punkt nicht zu Beginn beachtet, ist eine Nachrüstung wirtschaftlich oft nicht vertretbar.

 

Die EnOcean Alliance ist ein internationaler Zusammenschluss führender Unternehmen der Gebäude- und IT-Branche. 2008 ins Leben gerufen, engagiert sich die offene Non-Profit-Organisation für die Entwicklung und Vermarktung interoperabler, wartungsfreier und praxiserprobter Systemlösungen auf Basis des EnOcean-Fundstandards (ISO/IEC 14543-3-X). Der Hauptsitz der EnOcean Alliance befindet sich im kalifornischen San Ramon (USA).

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