Klimaschonend heizen: besser mit Smart-Home-Unterstützung

Das Forschungsprojekt "BaltBest", durchgeführt von 15 Projektpartnern aus Wohnungswirtschaft, Industrie und Wissenschaft, deckt Effizienzpotenziale in Anlagentechnik und Nutzerverhalten auf.

Forschungsprojekt BaltBest: Logo der Allianz für einen klimaneutralen Wohngebäudebestand/BaltBest / Quelle: BaltBest
Forschungsprojekt BaltBest: Logo der Allianz für einen klimaneutralen Wohngebäudebestand/BaltBest / Quelle: BaltBest

Regelmäßiges Verbrauchs-Feedback und passende Handlungsempfehlungen können dazu beitragen, dass Immobiliennutzer ihre Energiebilanz besser beeinflussen können. Das zeigen erste Zwischenergebnisse aus dem wohnungswirtschaftlichen Forschungsprojekt „BaltBest“. Die Erkenntnisse sind von hohem Nutzen für das Engagement der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft für Klimaschutz und Digitalisierung.

Die Projektpartner sind angesichts der Zwischenergebnisse überzeugt, dass sich Energieeffizienz beim Wohnen vor allem dann kostengünstig steigern lässt, wenn sowohl die Betriebsführung von Heizungsanlagen im Bestand optimiert als auch die Mieter beim energiesparenden Verhalten unterstützt werden. Dabei wird es entscheidend darauf ankommen, den Nutzer mit robuster, preiswerter Smart-Home-Technik beim sparsamen Energieverbrauch zu unterstützen sowie darauf, dass die Nutzer dies auch annehmen. Durch unterjährige Verbrauchsinformation kann den Heizungsnutzern mithilfe einfach zu bedienender Smart-Home-Systeme zusätzlich dabei geholfen werden, bedarfsgerecht ohne Komforteinbußen zu heizen, dadurch Energiekosten zu sparen und den Verbrauch insgesamt zu senken. Darüber hinaus wollen die Projektbeteiligten das Zusammenspiel von Anlagentechnik, Nutzerverhalten und baulichen Maßnahmen zur energetischen Sanierung besser verstehen.

Diesem Vorhaben gehen die 15 Projektpartner gemeinsam seit Dezember 2018 im Forschungsprojekt „Einfluss der Betriebsführung auf die Effizienz von Heizungsaltanlagen im Bestand (BaltBest)“ nach. BaltBest ist aus dem Projekt „Allianz für einen klimaneutralen Wohngebäudebestand“ entstanden, das bereits auf eigene Forschungsergebnisse zurückblicken kann. 

Insgesamt 100 Mehrfamilienhäuser von Wohnungsunternehmen aus dem Mitgliederkreis des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW wurden ab 2018 für das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit 1,1 Mio. Euro geförderte Projekt mit einer Funk-Messinfrastruktur mit über 5.800 Sensoren des Energiedienstleisters Techem ausgestattet. Zur Auswertung erreichen täglich 3,9 Mio. Telegramme die Forschungsinstitute EBZ Business School – University of Applied Sciences sowie wöchentlich die Technische Universität Dresden. Das EBZ Forschungsinstitut InWIS befragt darüber hinaus die Mieter der Wohnungen zu ihrem Heizverhalten. Das Forschungsprojekt läuft über drei Heizperioden von Dezember 2018 bis Mai 2021.

Aktueller Erkenntnisstand

Heizungstechnik:

  • Bestands-Heizungsanlagen sind häufig überdimensioniert. Wird eine Heizungsanlage ausgetauscht, orientiert sich die Leistung der neuen Anlage bislang oft eher an der alten Anlage als an dem konkreten Leistungsbedarf des Gebäudes.
  • Eine hydraulisch abgeglichene Anlage ist eine wichtige Voraussetzung für die effiziente Einstellung der Heizungsanlagen. Die Effizienz der Heizungsanlage kann bei hydraulisch abgeglichener Anlage, z.B. durch die Absenkung der Vor- und Rücklauftemperaturen, optimiert werden.
  • Heizleistung und Vorlauftemperaturen werden im täglichen Betrieb bisher häufig nur unzureichend an die Außentemperaturen angepasst. Diesbezügliche Einstellmöglichkeiten werden noch zu zaghaft genutzt. Überversorgung führt zur Verschwendung, höheren Wärmeverlusten und ineffizientem Anlagenverhalten.
  • Wirksame Nachtabsenkungen sind im Bestand noch die Ausnahme.

Verhalten:

  • Die wohnungswirtschaftlichen Prozesse rund um die Gebäudebeheizung lassen sich deutlich optimieren. Der kontinuierlichen Überwachung der Anlagentechnik und dem guten Management von Mieterbeschwerden kommen hierbei Schlüsselrollen zu. Beides ermöglicht ein Eingreifen bevor negative Folgen Mieter erreichen. 
  • Ebenso viel Potenzial für mehr Energieeinsparung bietet die Anpassung des Nutzerverhaltens bei der Heizungseinstellung in den einzelnen Wohnungen: Die Heizungsnutzer können durch regelmäßige digitale Informationen über ihre individuelle Heizungseinstellung mithilfe von Smart-Home-Systemen ihr Heizverhalten anpassen, dadurch Energiekosten sparen und den Verbrauch insgesamt senken.
  • Gleichzeitig setzt ein Teil der Mieter bereits auf individuelle private Smart-Home-Systeme, um die Raumwärme ihrem persönlichen Bedarf anzupassen, während andere dies konsequent ablehnen. Eine heterogene Ausstattung der Gebäude behindert jedoch eine generelle Systemoptimierung. Nur durch den Einsatz einheitlicher Smart-Home-Systeme kann auch die Gesamtregelung der Heizung im Gebäude insgesamt optimiert werden.
  • Die Technik der Smart-Home-Systeme ist heute auf den Einsatz in Einfamilienhäusern zugeschnitten: Die Nutzerassistenzsysteme benötigen für einen breiten, wohnungswirtschaftlichen Einsatz eine Weiterentwicklung. Hierbei spielen Bedienbarkeit, Grundeinstellungen und der Datenaustausch über den Wärmebedarf der Wohnungen zum Wärmeerzeuger eine wichtige Rolle.

Vorgängerprojekte haben gezeigt, dass die Leistung vieler Heizungsanlagen optimiert werden kann. Aber erst durch die Digitalisierung und mit BaltBest konnte nachgewiesen werden, dass Heizungsanlagen heute kostengünstig und in großem Umfang geprüft und in ihrer Systemeffizienz verbessert werden können.

„Die Erkenntnisse aus unserem Forschungsprojekt BaltBest sind deshalb so wichtig, weil geringinvestive Maßnahmen wie Anlagenoptimierung und angepasstes Nutzerverhalten die einzigen sind, die schnell flächendeckend umgesetzt werden können. Eine digitale Unterstützung der Nutzer bei der individuellen Heizungseinstellung kann – gerade in optimierten oder energetisch modernisierten Gebäuden – beim optimalen Einsatz der Energie für den gewünschten Komfort in der Wohnung helfen“, erklärt GdW-Präsident Axel Gedaschko. Diese Erkenntnisse gelte es jetzt in konkrete Maßnahmen umzusetzen, insbesondere vor dem Hintergrund des seit 1. Januar geltenden und Jahr für Jahr steigenden CO2-Preises.

Der Nutzer im Fokus – Unterstützung für energiebewusstes Handeln 

In der laufenden Heizperiode widmet sich das Forschungsprojekt verstärkt Mietern und untersucht, welche Einsparungen durch informierte Nutzer zustande kommen können. Diese können durch ihr Verhalten den Verbrauch senken – oder auch steigern. So wirkt sich eine Teilbeheizung der Wohnungen bezogen auf einzelne Räume oder auf Absenkung der Raumtemperaturen für bestimmte Zeiträume – nachts oder tagsüber während der Abwesenheit von Nutzern – verbrauchsmindernd aus. Durch dauerhaft hohe Raumtemperaturen und zu intensives Lüften können Verbräuche einzelner Wohnungen aber auch deutlich über dem Durchschnitt liegen. Gleichzeitig können Wohnungen mit niedrigeren und höheren Temperaturen energetisch miteinander interagieren. Derzeit geht das Forschungsteam davon aus, dass der Gesamtverbrauch einer Immobilie durch wenige Vielverbraucher um durchschnittlich 10% in den untersuchten Liegenschaften erhöht wird. Die Spanne reicht von 5% (wenige Vielverbraucher in der Liegenschaft) bis 15% (besonders hoher Einfluss einiger Vielverbraucher).

Einsparungen durch Smart Home-Systeme

Zudem untersucht das Projekt, welche Einsparungen durch die Verwendung von Smart-Home-Systemen möglich sind. In den untersuchten Gebäuden nutzen 15% der befragten Bewohner ein Smart-Home-System. Davon haben 60% der Bewohner das System über das Projekt erhalten, 40% haben das System selbstständig erworben. Eine große Herausforderung stellt die konsequente Nutzung der Einsparmöglichkeiten durch Zeitprogramme dar. Messungen haben gezeigt, dass lediglich ein Drittel der eingesetzten Systeme mit Zeitprogrammen betrieben wurde. Zwei Drittel der Systeme hingegen wurden manuell bedient. 

Um detailliertere Erkenntnisse zu den Einsparmöglichkeiten zu erhalten, stattete das Forschungsteam weitere 60 Wohnungen mit Smart-Home-Technologie aus. Darüber hinaus wird untersucht, inwieweit ein zeitnahes Feedback über das individuelle Verbrauchsverhalten zum energieeffizienten Heizen motiviert. Für das Feedback kommt eine speziell entwickelte App zum Einsatz. Die Ergebnisse werden im ersten Halbjahr 2021 erwartet.

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