KfW-ifo-Mittelstandsbarometer:

Zufriedenstellende Geschäftslage aber große Sorgen beim Blick nach vorn

Das Geschäftsklima im Mittelstand zeigt sich im Juni praktisch unverändert gegenüber dem Vormonat. Schlechter als im Mittelstand entwickelt sich im Juni die Stimmung unter den Großunternehmen.

Quelle: KfW Research, ifo Institut
Quelle: KfW Research, ifo Institut

Die Lageurteile steigen nach einem kleinen Rücksetzer im März zum dritten Mal in Folge, und zwar um 1,7 Zähler auf jetzt 12,8 Saldenpunkte. Damit beurteilen die mittelständischen Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage trotz zahlreicher Widrigkeiten sogar noch besser als im Juni vor einem Jahr, als die Impfkampagne und sinkende Infektionszahlen das deutsche Wachstum beflügelten. Die Geschäftserwartungen auf Sicht von sechs Monaten werden dagegen immer pessimistischer und sinken im Juni um 1,2 Zähler auf -22,1 Zähler. Damit liegen sie weit unter der Nulllinie, die den langfristigen Durchschnitt anzeigt. Insbesondere die im Winter drohende Energiekrise aufgrund von ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland bereitet vielen Unternehmen Sorgen.

Beim Blick auf das mittelständische Geschäftsklima im Juni sind erhebliche Branchenunterschiede festzustellen. Das deutlichste Plus verzeichnet das Baugewerbe, dessen Klima um 4,3 Zähler auf -3,8 Saldenpunkte ansteigt. Hier hat es im März und April einen Stimmungseinbruch gegeben, der unter anderem mit einer zeitgleichen Verschärfung der Materialknappheit zu erklären sein dürfte. Laut der aktuellen ifo-Umfrage bessern sich diese Engpässe derzeit. Einen regelrechten Absturz verzeichnet dagegen der Einzelhandel, dessen Klima um 11,8 Zähler auf nur noch -17,8 Saldenpunkte fällt. Insbesondere die geschmälerte Kaufkraft des Konsumenten wegen der stark gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise schlägt hier auf die Stimmung. Trotz des Entlastungspakets der Bundesregierung hat das Konsumklima laut der GfK-Verbraucherbefragung im Juni sogar ein neues Allzeittief erreicht. Aber auch im verarbeitenden Gewerbe sind die Probleme derzeit groß: Insbesondere wegen zusätzlichen Materialengpässen durch den Krieg in der Ukraine und den Lockdowns in China sowie der akuten Gefahr von ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland hat sich die Stimmung hier ebenfalls seit März schlagartig eingetrübt. Im Juni gibt das Geschäftsklima der mittelständischen Industrie erneut nach (-0,8 Zähler auf -10,5 Saldenpunkte).
 
Schlechter als im Mittelstand entwickelt sich im Juni die Stimmung unter den Großunternehmen. Sie verzeichnen einen erheblichen Rückgang des Geschäftsklimas um 5,4 Zähler auf weit unterdurchschnittliche -16,4 Saldenpunkte. Sowohl die Erwartungen als auch die Lage trüben sich hier deutlich ein, nachdem sich die kurzzeitige Stimmungsaufhellung im Mai offenbar als Eintagsfliege entpuppt hat.
 
Die Chefvolkswirtin Dr. Fritzi Köhler-Geib sagt: „Trotz aller Widrigkeiten hat die deutsche Wirtschaft und insbesondere der Mittelstand ein recht zufriedenstellendes Frühjahr erlebt. Den insgesamt soliden Urteilen zur aktuellen Geschäftslage stehen seit dem russischen Überfall auf die Ukraine allerdings sehr düstere Geschäftserwartungen gegenüber. Vor allem der deutlich wahrscheinlicher gewordene Lieferstopp von russischem Gas ist ein handfester Grund für Rezessionssorgen, die von den inflationsbedingten Kaufkraftverlusten und der rapiden Straffung der Finanzierungsbedingungen durch die globale Zinswende der Notenbanken noch verstärkt werden. Jetzt gilt es, die Investitionsbereitschaft der Unternehmen aufrechtzuerhalten, denn nur mit Investitionen können die akuten Herausforderungen wie die seit Kriegsausbruch noch dringendere Energiewende, gemeistert werden.

Weiterführende Informationen

Das aktuelle KfW-ifo-Mittelstandsbarometer ist abrufbar unter:

w w w. kfw. de/mittelstandsbarometer

Printer Friendly, PDF & Email
12.05.2023
KfW-ifo-Mittelstandsbarometer April
Laut dem KfW-ifo-Mittelstandsbarometer vom April, verbessert sich die Stimmungslage des Einzelhandels, wohingegen sich die der Dienstleister, Großhandelsunternehmen und Baufirmen verschlechtert.
05.02.2024
KfW-ifo-Mittelstandsbarometer
Die aktuelle Geschäftslage der Mittelständler in Deutschland hat sich zu Beginn des neuen Jahres weiter eingetrübt. Das Geschäftsklima bei den kleinen und mittleren Unternehmen sank im Januar auf -22...
03.11.2023
BWP
Die Wärmepumpenbranche fordert in einem offenen Brief Entscheidungen zu Förderung, Energiepreisen und Wärmeplanung von den Ampelfraktionen.
03.11.2023
Stimmungsabfall
Das Geschäftsklima in der Haus- und Gebäudetechnik liegt mit einem Wert von -3 erstmals seit Erhebung der Daten durch B+L im negativen Bereich.
30.01.2024
Studie
Einer aktuellen Befragung von S&B Strategy zufolge ist die Stimmung unter Fachplanenden bezüglich der Geschäftslage positiv bis zurückhaltend.
09.05.2023
BDH
Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie meldet eine gleichbleibend hohe Nachfrage nach neuen Heizungen in Deutschland. Im ersten Quartal 2023 stieg die Zahl der verkauften Anlagen um...